Vater angeblich im Gewaltrausch - Prozess um misshandeltes Baby Von Angelika Resenhoeft, dpa

Als sein Baby beim Zubettgehen weint, rastet ein Vater angeblich aus:
Danach kämpft der Säugling um sein Leben. Doch der Mann will es nicht
gewesen sein. Der Polizei werden verschiedene Versionen der Tat
präsentiert - ein Gericht muss nun die Wahrheit herausfinden.

Aschaffenburg (dpa/lby) - Auch das Wimmern und Weinen seines Babys
sollen einen aggressiven Vater nicht gestoppt haben: Mit äußerster
Brutalität und offensichtlich ohne Empathie wütet ein Mann nach
Darstellung der Anklage in einer Wohnung in Aschaffenburg. Immer
wieder greift er sich demnach seinen Jungen und schleudert ihn mit
voller Wucht auf den Boden. Die verzweifelte Mutter kann ihren
rasenden Partner nicht stoppen. Erst als ein Anwohner den Tumult
bemerkt und klingelt, lässt der Angreifer den Ermittlungen zufolge
von dem wehrlosen Kind ab. Rund neun Monate später steht der
Verdächtige vor dem Landgericht Aschaffenburg - Mordversuch und
schwere Misshandlung Schutzbefohlener werden ihm vorgeworfen.

«Der Angeklagte handelte aus einer gefühllosen, fremdes Leiden
missachtenden Gesinnung», sagt Oberstaatsanwalt Jürgen Bundschuh am
Montag. Immer wieder soll der Deutsche im vergangenen Oktober das
Baby hochgehoben und mit voller Wucht auf den Boden geschleudert
haben. «Ich beende das heute», sagt der 34-Jährige laut Polizei zur
Mutter des Kindes, als er versucht haben soll, das Genick des zehn
Monate alten Jungen zu brechen.

Der Angeklagte hört im Gerichtssaal aufmerksam zu, als ein Polizist
ausführlich die Ermittlungsergebnisse schildert. Teilnahmslos,
emotionslos sei der Verdächtige am Tag nach der Tat gewesen, als er
mit ihm gesprochen habe. «Es kam auch keine Frage, wie es dem Kind
geht», erzählt der Hauptkommissar. «Der Junge hatte mehrere
Schädelbrüche beidseitig», erklärt der 44-Jährige der Kammer. Der

keine zwei Meter entfernt sitzende Angeklagte verfolgt die Aussage
scheinbar interessiert, aber ohne offensichtliche Gefühlsregung.

Lange, gepflegt wirkende Haare, schwarz-umrandete Brille, ordentliche
Jeans, ein blau-weiß-gestreiftes Hemd - der 34-Jährige darf ohne
Handschellen im Saal sitzen. Der Deutsche, der in Kenia geboren
wurde, hat laut Gericht drei Kinder mit zwei Frauen, spricht sehr gut
Deutsch, ist geschieden, ausgebildeter Krankenpfleger.

Bis zum Gewaltexzess im vergangenen Herbst ist er nicht wegen
Kindesmisshandlung polizeilich bekannt. «Wir hatten bei uns im
Computer zu ihm keine Erkenntnisse», sagt der Hauptkommissar, wobei
zwei Jugendämter schon nach früheren Vorfällen in den jeweiligen
Familien tätig gewesen seien. Den Verdacht der Kindesmisshandlung
habe es bereits damals gegeben, die Polizei sei nach möglichen
Übergriffen des Krankenpflegers auf seinen ersten Sohn im Jahr 2017
und sein jüngstes Kind im Juli 2022 aber nicht eingeschaltet worden.

Der 34-Jährige äußert sich zu Prozessauftakt nicht zu den Vorwürfen
.
Lediglich nach seiner Festnahme habe er vor dem Ermittlungsrichter
alles bestritten, sagt der Polizist. Später habe er verschiedene
Varianten des Geschehens vom vergangenen Herbst präsentiert, völlig
andere als die Mutter des Babys. «Das Lesen aus dem Tatort war
einfach schwierig, da gab es relativ wenig», berichtet der Ermittler.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Mann mit der Tat die
Mutter des Kindes dafür bestrafen wollte, weil er deren Erziehung
nicht als autoritär genug empfunden habe. «Aus seinem Blickwinkel war
es zu verwöhnt», sagt der Polizist. Darüber hätte das Paar dauernd

gestritten, wie Chatprotokolle der Handys belegten.

Zudem war der Mann laut Anklage eifersüchtig auf den Buben, sein
Schreien soll ihn genervt haben. «Diese Motive sind, nachdem sich in
der Tat die feindselige Grundhaltung des Angeklagten im Verhältnis zu
dem Kind Bahn gebrochen hat, nach allgemeiner sittlicher Anschauung
verachtenswert und stehen auf tiefster Stufe», sagt Oberstaatsanwalt
Bundschuh.

Das damals rund zwölf Kilogramm schwere Opfer schwebt nach der
Attacke in Lebensgefahr. Über bleibende Schäden lässt sich nach
Auskunft des Oberstaatsanwalts derzeit nichts sagen.

Mordversuch kann wie Mord mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe
geahndet werden. Für das Jahr 2022 registrierte die Polizei in Bayern
laut der Polizeilichen Kriminalstatistik 13 Mordversuche an Kindern
unter sechs Jahren. Zudem weist die Statistik 488 Delikte im Bereich
der Misshandlung von Schutzbefohlenen auf, 195 betreffen Mädchen und
Buben jünger als sechs Jahre.

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