Mehr Infektionskrankheiten durch Klimakrise - Fachärzte gesucht

Klimawandel, Globalisierung und immer mehr Antibiotikaresistenzen:
Studien zeigen, dass Infektionskrankheiten stetig zunehmen werden.
Haben Kliniken dafür genug Fachpersonal?

Leipzig (dpa) - Infektionskrankheiten werden aus Sicht von
Infektiologen allein durch die Klimakrise in den kommenden
Jahrzehnten deutlich zunehmen. Es sei zu erwarten, dass 50 bis 60
Prozent der relevanten Infektionskrankheiten als Folge der Erwärmung
häufiger werden, sagte der Infektiologe Christoph Lübbert beim 16.
Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (KIT) am
Donnerstag in Leipzig.

Hierzu gehören etwa durch Stechmücken übertragene Erkrankungen.
Lübbert zufolge könne es auch dazu kommen, dass durch das Erwärmen
der Meere bestimmte bakterielle Infektionskrankheiten häufiger
werden. Hiervon sei beispielsweise die Ostsee betroffen. Zudem werde
auch mit einer immer älter werdenden Bevölkerung die Zahl der
Infektionskrankheiten zunehmen. Bereits heute seien
Infektionskrankheiten in deutschen Krankenhäusern häufige Diagnosen:
Bei rund 20 Prozent aller Behandlungsfälle in Kliniken stellen
Infektionen die Haupt- oder Nebendiagnose dar.

Demnach werden gut ausgebildete Ärztinnen und Ärzte mit spezieller
infektiologischer Expertise dringend benötigt. Lübbert betont, dass
es einer Bedarfsanalyse zufolge 1000 dieser Ärzte oder zumindest 500
Schwerpunktweitergebildete mit einer mindestens dreijährigen
Ausbildung brauche, um komplexe Infektionen künftig auf höchstem
Niveau behandeln zu können.

Die Leiterin der Abteilung Infektiologie des Uniklinikums Gießen,
Susanne Herold, ergänzte: «Patienten mit schweren Infektionen haben
einen deutlich günstigeren Krankheitsverlauf und versterben seltener,
wenn Infektiologen in die Behandlung eingebunden sind.» Dennoch gebe
es aktuell sogar in vielen großen Kliniken keine Abteilungen mit
infektiologischem Schwerpunkt. Die Aufgabe bestehe darin, die 2021
auf dem Deutschen Ärztetag beschlossene Ausbildung zum
Schwerpunkt-Infektiologen in den einzelnen Bundesländern umzusetzen.
Die Mehrheit der Landesärztekammern hätten dies bereits getan.