Söder und Aiwanger heizen Anti-Ampel-Demo an - und ernten viel Kritik Von Christoph Trost, dpa
«Bürgerlicher» Protest, normaler Wahlkampf oder blanker Populismus?
Eine Demonstration gegen das Heizungsgesetz lockt 13 000 Menschen an
- auch Markus Söder. Der muss in mehrfacher Hinsicht Kritik
einstecken.
Erding (dpa) - Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein
Vize Hubert Aiwanger (Freie Wähler) haben eine Kundgebung von rund
13 000 Menschen gegen das geplante Heizungsgesetz zu teils heftigen
Attacken auf die Bundesregierung genutzt. Beide ernteten für ihre
Teilnahme an der Demonstration am Samstag in Erding bei München, bei
der auch AfD-Sympathisanten dabei waren, viel Kritik. SPD und Grüne
warfen ihnen «destruktiven Populismus» und Stimmenfischen am rechten
Rand vor, in Sichtweite der Landtagswahl am 8. Oktober. Aiwanger
wurde auf Twitter eine Wortwahl à la AfD vorgehalten.
Mit organisiert wurde die Kundgebung von der Kabarettistin Monika
Gruber. Sie hatte sich vorab von der AfD abgegrenzt und der Partei
ein Rederecht verweigert. Die AfD rief aber gleichwohl dazu auf, nach
Erding zu kommen, zu einer parallelen Kundgebung direkt nebenan.
Ebenfalls vertreten waren in Erding ausweislich diverser Plakate auch
Klimawandelleugner, Querdenker und Impfgegner. Auf weiteren Schildern
wurden insbesondere die Grünen teils aufs Heftigste verunglimpft.
Söder wurde zu Beginn aber selber heftig ausgebuht, offenkundig unter
anderem von AfD-Sympathisanten, von denen er sich dann als einziger
Redner scharf abgrenzte und dafür wiederum ausgepfiffen wurde. «Die
bürgerliche Mitte hat nichts mit AfD, hat nichts mit Anti-Demokraten
zu tun», rief er. Gruber musste mehrfach um Respekt für Söder bitten.
Man sage Ja zum Klimaschutz, «aber Nein zu diesem Heizungsgesetz»,
sagte Söder. Beim Heizungstausch brauche es deutlich längere Fristen,
forderte er, und alle Rentner sollten von der Pflicht befreit werden.
Der CSU-Chef lehnte zudem vermeintliche «zwanghafte Veganisierung»
und «zwanghaftes Gendern» ab: «Die Grünen haben die Philosophie, zu
verbieten und umzuerziehen. Und wir wollen nicht, dass unser Land den
ganzen Tag von einigen wenigen grünen Funktionären umerzogen wird.»
Aiwanger holte in seiner Rede zum verbalen Rundumschlag aus. «Jetzt
ist der Punkt erreicht, wo endlich die schweigende große Mehrheit
dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen muss und denen
in Berlin sagen: Ihr habt's wohl den Arsch offen da oben», rief er.
Auf Twitter kritisierte daraufhin etwa der CDU-Politiker Ruprecht
Polenz: «Aiwanger von den Freien Wählern redet wie die AfD.» Der
CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer schrieb auf Twitter: «Wer
ernsthaft meint, es müsse sich in Deutschland eine «schweigende
Mehrheit» die «Demokratie zurückholen», der hat das Ende der
Populismus-Fahnenstange erreicht und wiederholt AfD-Märchen.»
Die Bundesregierung will mit dem Gebäudeenergiegesetz schon nächstes
Jahr endgültig den Abschied von Öl- und Gasheizungen einläuten. Nach
dem Gesetzentwurf der Ampel soll von 2024 an möglichst jede neu
eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben
werden. Das FDP fordert aber noch grundsätzliche Nachbesserungen.
Grüne und SPD kritisierten die Kundgebung scharf. «Erding zeigt heute
auf den Punkt, warum die Strategie, den Rechten nach dem Mund zu
reden, nicht funktioniert», schrieb die Grünen-Bundesvorsitzende
Ricarda Lang auf Twitter. «Wenn Bürgerliche den rechten Kulturkampf
bedienen, verlieren sie. Und es gewinnt das Original.»
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schrieb, Söder sei
«Kronzeuge der Ignoranten, die ihn dann verspotten und AfD wählen».
Die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch sagte der dpa, das «Spiel
mit dem Feuer des Populismus» sei für seriöse Politiker oder
Veranstalter nicht zu gewinnen. Auf solchen Veranstaltungen sei für
Demokraten nichts zu gewinnen - sie sollten die Finger davon lassen.
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