Eckart von Hirschhausen: Corona ist für Hunderttausende nicht vorbei Von Christof Bock, dpa

Die Corona-Pandemie ist blitzschnell wieder aus der öffentlichen
Debatte verschwunden. Doch viele Probleme bleiben. Eine Experte
dafür, Medizin populär zu machen, greift ein heikles Thema auf.

Köln (dpa) - Der Arzt und Fernsehmoderator Eckart von Hirschhausen
(55) macht auf das Schicksal vieler Menschen aufmerksam, die auch
weiterhin mit den Folgen der Corona-Pandemie leben müssen. «Corona
ist leider für viele Hunderttausende Menschen mit Long Covid oder dem
Chronischen Erschöpfungssyndrom ME/CFS überhaupt nicht vorbei», sagte

Hirschhausen der Deutschen Presse-Agentur. Das Erste zeigt am Montag
um 20.15 Uhr seine WDR-Dokumentation «Hirschhausen - Was von Corona
übrig bleibt» (ab Samstag vorab in der ARD Mediathek). «Wir haben
eine neue Volkskrankheit, in der Mitte der Gesellschaft», sagte
Hirschhausen. «Junge, gesunde Menschen sind aus ihrem Leben gerissen,
haben schwerste körperliche Beschwerden und werden in unserem
Gesundheitswesen brutal alleine gelassen.» Diesen Menschen und allen,
die sich um sie kümmern, wolle er mit dem Film eine Stimme geben.

Der Moderator und Kabarettist kritisierte, dass von der großen Welle
der Solidarität zu Beginn der Krise «bedauerlich wenig übrig
geblieben» sei. «Wir haben leider auch bis heute keine gute Antwort
auf die parallele Epidemie von Fehlinformation und Hass im Netz.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Journalisten und Ärzte
werden eingeschüchtert, bedroht und diffamiert. Das dürfen wir für
unsere liberale Demokratie nicht zulassen.» Gerade weil er sich
öffentlich für die Impfung eingesetzt habe, sei es ihm aber auch ein
Anliegen, über die seltenen, aber heftigen Fälle von «Post-Vac» zu

sprechen, «also Schäden durch die Impfung, die unzureichend erfasst
und behandelt werden». Er habe «einen athletischen jungen Mann
getroffen, der lange als psychisch krank abgestempelt wurde, obwohl
er handfeste organische Symptome bis hin zu Thrombosen hatte».

Menschen mit Long-Covid-Symptomen fänden kaum Hilfe im
Gesundheitswesen, so Hirschhausen. «Die Symptome sind sehr vielfältig
und mehrdeutig, und es gibt viel zu wenig Ärztinnen und Ärzte, die
sich damit auskennen. Patienten berichten von langen Irrwegen,
falschen Diagnosen und harter Ablehnung der Verantwortlichkeit.» Mit
«einem guten Fragebogen und Gespräch, mit ausführlicher körperliche
r
Untersuchung mit Handkraftmessung und einfachen Kreislauftests und
Blutanalysen» sei die Diagnose möglich. «Es braucht Fachwissen und
Zeit, beides knappe Güter im Gesundheitswesen - und die Kassen zahlen
die speziellen Untersuchungen nicht, geschweige denn die Therapien,
die sich in Einzelfällen schon als hilfreich erwiesen haben.»

Ein Problem seien auch fehlende Medikamente. Es gebe kaum
koordinierte und finanzierte Forschung. «Keiner fühlt sich richtig
zuständig, die Krankenkassen nicht, die Ärzteverbände nicht, das
Gesundheitsministerium nicht. Und so dreht sich die Frage, was
wirklich wirkt, seit Jahren im Kreis. Dabei ist klar, dass die Zeit
knapp ist. Je früher jemand behandelt wird, desto weniger besteht die
Gefahr, sich gar nicht mehr zu erholen. Für einige Symptome sind auch
bewährte und zugelassene Medikamente hilfreich.»