Prozess um Tod von Kind nach Routine-OP - Bewährungsstrafe gefordert

Hamburg (dpa) - Im Prozess um den Tod eines Neunjährigen nach einer
Routine-Operation hat die Hamburger Staatsanwaltschaft ein Jahr Haft
auf Bewährung für den behandelnden Arzt gefordert. Der 65 Jahre alte
Operateur habe sich der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig
gemacht, erklärte der Anklagevertreter am Donnerstag. Der Arzt habe
den Vater des Kindes vor der Operation im März 2007 nicht ausreichend
aufgeklärt. Die Infrastruktur der Praxis im Stadtteil Harburg sei
mangelhaft gewesen. Der Junge war an der Nase operiert worden, um
seine Atmung zu verbessern. Im Aufwachraum kam es zu Komplikationen,
der Neunjährige starb eine Woche später.

Für den 69 Jahre alten Mitinhaber der Praxis beantragte der
Staatsanwalt eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 120 Euro wegen
Beihilfe zur Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen. Er
sei mitverantwortlich für die strukturellen Mängel in der Praxis.

Die Verteidiger forderten Freispruch oder die Einstellung des
Verfahrens. Einer der beiden Anwälte des Operateurs beantragte, den
Vater des Kindes erneut zu vernehmen, um ihn zu seiner Einwilligung
zu der Operation seines Sohnes vor 16 Jahren zu befragen. Die
Infrastruktur der Praxis habe den Vorgaben der Kassenärztlichen
Vereinigung entsprochen, erklärte der Verteidiger des Mitangeklagten.
Die Strafkammer wollte am Nachmittag eine Entscheidung über den
Hilfsantrag der Verteidigung und möglicherweise das Urteil verkünden.

Der seit über einem Jahr laufende Prozess hatte bereits im April zu
Ende gehen sollen. Nach den Plädoyers hatte das Gericht jedoch einen
Antrag der Verteidigung aufgegriffen, in dem eine weitere
Zeugenbefragung gefordert worden war.

Der Fall hat bereits viele Gerichte beschäftigt, darunter zweimal
auch das Bundesverfassungsgericht. 2009 wurde eine Narkoseärztin zu
einer Geldstrafe verurteilt.