Nemo und die Folgen: Hype um Clownfische dauert seit 20 Jahren an Von Carola Frentzen, dpa

«Findet Nemo» hat Clownfische bei seinem Filmstart vor 20 Jahren auf
einen Schlag berühmt gemacht. Der süße Protagonist mit der zu klein
geratenen rechten Flosse eroberte Millionen Herzen im Sturm. Aber der
putzigen Spezies hat der Blockbuster nur wenig Glück gebracht.

Koh Phi Phi (dpa) - Knopfaugen, winziger Schmollmund, Mini-Flossen
und ein weißer Kragen um den knallorangen Hals - Menschen rund um den
Globus haben sich vor 20 Jahren unsterblich in einen kleinen Fisch
verliebt. Kein Wunder: So niedlich wie Clownfische sind nur wenige
Meeresbewohner. Das wussten auch die Macher von Pixar: Als am 30. Mai
2003 der Animationsfilm «Findet Nemo» in den USA in die Kinos kam,
machte er die Anemonenbewohner mit einem Schlag weltberühmt. Der Hype
dauert bis heute an, mit oft negativen Folgen für die zarten Tiere.

«Seit dem Film wollen Leute auf der ganzen Welt unbedingt Clownfische
in ihren Aquarien halten, auch hier in Thailand», sagt die
Meeresbiologin Tatee Sutadra, die auf der Trauminsel Koh Phi Phi Don
arbeitet. «Aber die meisten wissen nicht, wie sie sich richtig um sie
kümmern sollen - und das macht es für die Tiere gefährlich.» Die
26-Jährige leitet ein Clownfisch-Projekt im Marine Discovery Centre
des Resorts SAii Phi Phi Island Village.

Im türkisen Meer der Loh Ba Gao Bay direkt vor der Hotelanlage können
Schnorchler die süßen Mini-Fische in ihrem natürlichen Habitat
beobachten. Im Marine-Zentrum gibt es eine Aufzuchtstation, in der
Clownfische (Amphiprion, wie sie wissenschaftlich heißen) gezüchtet
werden. Ziel ist es, Urlauber, aber auch Einheimische und
Schulklassen, über die Tiere und die Bedrohungen zu informieren.
«Kinder sind natürlich begeistert von Clownfischen, aber wir möchten

sie auch inspirieren, sich für ihren Schutz zu interessieren», sagt
Bart Callens, regionaler Hoteldirektor der SAii-Resorts.

Ein bis zwei Mal im Jahr werden einige Jungtiere der Spezies Falscher
Clownfisch (Amphiprion ocellaris, auch Orangeringel-Anemonenfisch
genannt) unter Aufsicht der Nationalparkbehörde in der Andamanensee
in die Freiheit entlassen. Dabei handelt es sich genau um die Art,
der auch Nemo und sein Papa Marlin im Trickfilmstreifen angehören.

Insgesamt gibt es rund 30 verschiedene Clownfisch-Arten, sieben davon
leben im Meer rund um Thailand. Die Tiere gehören zu den Riffbarschen
- und nicht alle sind orange.

Clownfische seien aber immer empfindlich, erzählt Expertin Tatee
Sutadra: «Wenn die Wassertemperatur nicht stimmt, sie in Süßwasser
statt in Salzwasser gehalten werden oder sie falsche Nahrung
bekommen, werden sie krank oder sterben.» Das Schlimmste aber sei:
Clownfische würden seit dem Hype um «Findet Nemo» gejagt, um die
Aquarien zu füllen. Das habe die Kosten auf stattliche 500 Thai Baht
(14 Euro) pro Exemplar getrieben. «Plötzlich haben Clownfische einen
Preis. Den hatten sie vor dem Film nicht.»

Der Erfolg von «Findet Nemo» sei für Clownfische keine gute Nachricht

gewesen, schrieb die «Washington Post» bereits 2016. «Die Botschaft
der meisten Filme zu verstehen, kann eine Herausforderung sein, aber
die Moral von «Findet Nemo» scheint ziemlich einfach: Lassen Sie die
Fische im Meer, wo sie hingehören.»

Laut der Hilfsorganisation Saving Nemo, die sich dem Schutz der
Spezies verschrieben hat, werden mittlerweile jedes Jahr über eine
Million Exemplare in den Ozeanen gefangen. Dies habe den Bestand
erheblich dezimiert. «Clownfische können problemlos in Gefangenschaft
gezüchtet werden. Daher besteht unsere Lösung darin, Geschäfte mit
Fischen aus der Aufzucht zu beliefern», heißt es auf der Webseite.

Der Run auf die Tiere mag verwundern, dreht sich der Film doch
hauptsächlich um den Versuch, Nemo aus der Gefangenschaft zu
befreien. Zur Erinnerung: Der kleine Fisch geht an seinem ersten
Schultag im Meer einem Taucher ins Netz und findet sich im Aquarium
einer Zahnarztpraxis wieder. Während er mit den anderen Bewohnern die
Flucht plant, machen sich Vater Marlin und die vergessliche Dory auf
die Suche nach dem verlorenen Sohn. Die Panik in Nemos Augen, als er
im Aquarium an den Wänden aneckt statt in den Weiten des Ozeans zu
schwimmen, ist eine der Schlüsselszenen des Blockbusters.

Viel beglückender, als die Tiere hinter Glas zu sehen, ist es, ihnen
im Meer zu begegnen. Beim Schnorcheln vor Koh Phi Phi lugen gleich
mehrere leuchtend orange Exemplare aus ihren Seeanemonen. Weit heraus
trauen sie sich nicht. Zu groß ist die Gefahr, von hungrigen Jägern
gefressen zu werden. Meist schwimmen sie in sicherer Nähe um die
Tentakel herum und verschwinden dann wieder in dem Blumentier, mit
dem sie in einer einzigartigen Symbiose leben.

Anemonen verfügen über zahlreiche Tentakel, über die sie giftige
Stoffe abgeben. Damit können sie Fische vertreiben oder gar töten.
Clownfische haben eine spezielle Schleimhaut, die sie immun gegen die
Toxine macht. Studien zufolge wird diese mit der Zeit durch den
Kontakt mit der Anemone noch dicker, so dass die Tiere unbeschwert
zwischen den Tentakeln Schutz suchen können.

Wenn das Marine Discovery Centre gezüchtete Clownfische in der
Andamanensee freilässt, müssen die Experten ihnen Starthilfe geben:
«Sie werden im Meer zunächst einen Monat lang mit einem Netz
geschützt», sagt Resort-Manager Peera Boonsang. «Man kann sie nicht
einfach freilassen, die meisten würden nicht überleben. Sie müssen
sich erst an die neue Umgebung und die Seeanemonen gewöhnen.»

Allerdings sind Seeanemonen durch die globale Erderwärmung zunehmend
bedroht. Genau wie Korallen bleichen sie durch die steigenden
Wassertemperaturen aus und sterben. Für die Clownfische bedeutet das,
dass sie immer weniger Verstecke und sichere Orte für ihre Jungen
finden. «Meeresbiologen auf der ganzen Welt befürchten, dass wir Nemo
in freier Wildbahn verlieren könnten», warnt Saving Nemo.

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