«Sumpf» oder alles in Ordnung? - Masken-Ausschuss endet im Streit
240 Stunden Sitzung, 150 Zeugenaussagen, zwei Millionen Seiten Akten
ausgewertet - so sieht die Zahlen-Bilanz des Masken-Ausschusses im
Landtag aus. Die politische Bilanz fällt höchst unterschiedlich aus.
München (dpa/lby) - Der Landtags-Untersuchungsausschuss zur
Aufklärung der Maskenaffäre geht im Streit und mit völlig
entgegengesetzten Bewertungen zu Ende. Der Ausschussvorsitzende
Winfried Bausback (CSU) sprach die Staatsregierung am Donnerstag
durchweg von sämtlichen Korruptions- und anderen Vorwürfen frei. Es
habe keine Deals, keine Freundschaftsdienste und keinen Filz gegeben.
Ausschussvize Florian Siekmann (Grüne) dagegen bilanzierte, man habe
einen «regelrechten Sumpf aus Amigo-Deals, Schachereien und
politischem Versagen bis in die höchste Ebene aufgedeckt».
Es wird somit - wie erwartet - mindestens zwei Berichte über die
Ausschussarbeit geben. Diese werden in der finalen Sitzung des
Untersuchungsausschusses am 8. Mai beraten. Anschließend gibt es dann
noch einmal eine ausführliche Debatte im Landtagsplenum.
Ziel des Ausschusses war es insbesondere, Masken-Geschäfte der
Staatsregierung in der Corona-Pandemie, mögliche Beteiligungen von
Politikern und teils hohe Provisionszahlungen auch an Abgeordnete
aufzuklären - wobei die Provisionen von beteiligten Firmen kamen.
Bausback sagte in seiner Abschlussbewertung, sämtliche Maskenkäufe in
der Corona-Pandemie seien nach Recht und Gesetz erfolgt. «Es konnten
bei keiner Beschaffung im Hintergrund parteipolitische oder andere
sachfremde Erwägungen festgestellt werden.» Kontakte in die
Staatsregierung hätten in keinem Fall zu einer Vorteilsgewährung
geführt. Der Generalverdacht von «Amigo-Deals» sei ausgeräumt.
Bausback prangerte allerdings in sehr deutlichen Worten ein
«Fehlverhalten» dreier Einzelpersonen an: Zwei Mandatsträger, Alfred
Sauter und Georg Nüßlein sowie Privatpersonen wie Andrea Tandler
hätten sich «in moralisch verwerflicher Weise an der Not durch
astronomisch hohe Provisionen selbst bereichert», sagte er. Diese
«Bereicherungen» seien der Staatsregierung nicht bekannt gewesen.
Sauter und Nüßlein hatten zu Beginn der Corona-Pandemie für die
Vermittlung von Masken-Geschäften üppige Provisionen kassiert. Der
Bundesgerichtshof sah zwar den Tatbestand der Bestechlichkeit nicht
als erfüllt - die beiden hatten stets betont, als Anwälte agiert zu
haben. Politisch jedoch mussten sie damals umgehend Konsequenzen
ziehen: Nüßlein, der einst für die CSU im Bundestag saß, trat aus d
er
CSU aus, der Landtagsabgeordnete Sauter aus der Fraktion. Andrea
Tandler, die Tochter des ehemaligen CSU-Generalsekretärs Gerold
Tandler, die die für die Vermittlung von Masken-Geschäften zu Beginn
der Pandemie Provisionen in Millionenhöhe bekommen haben soll, sitzt
nach wie vor wegen steuerrechtlicher Vorwürfe in Untersuchungshaft.
Abgesehen von Sauter und Nüßlein habe es aber in keinem anderen
untersuchten Fall Verfehlungen von Mandatsträgern oder Angehörigen
der Staatsregierung gegeben, sagte Bausback. Es gebe «objektiv keine
Grundlage für einen Generalverdacht» gegenüber Abgeordneten.
Bausback räumte aber ein und verteidigte auch, dass Abgeordnete oder
Personen mit Kontakten in die Staatsregierung und in die CSU Hinweise
zu Masken-Angeboten leichter hätten platzieren können als andere.
Solchen Personen sei ein «Vertrauensvorschuss» gewährt worden, wenn
die Aussicht auf ein «seriöses Angebot» größer erschienen sei - i
n
der Überzeugung, dass aussichtsreichere Angebote dann schneller
überprüft werden könnten. Am Ende habe es aber «keine Bevorzugung
aufgrund von persönlicher Kontaktweitergabe» gegeben, betonte er.
Sämtliche Angebote seien mit der gleichen Sorgfalt geprüft worden.
Als Beispiel nannte er ein abgelehntes Angebot der Firma von Karin
Baumüller-Söder, der Ehefrau von Ministerpräsident Markus Söder
(CSU). Das Geschäft kam nicht zustande, weil das Landesamt für
Gesundheit und Lebensmittelsicherheit es fachlich ablehnte.
Siekmann dagegen kritisierte: «Bis zum Ministerpräsidenten wurde
unzweifelhaft massiver Druck zum Abschluss einzelner Masken-Deals
ausgeübt.» Erst die kritische parlamentarische Untersuchung und das
Beharren der Opposition auf Antworten habe das ans Licht gebracht.
«Dass sich Tandler, Sauter & Co. schamlos in Millionenhöhe bereichern
konnten, ist das Ergebnis eines blinden Vertrauens in verfilzte
CSU-Strukturen», sagte Siekmann. Die CSU aber sei sich keiner Schuld
bewusst. «Sie brüstet sich noch mit ihrem Vorgehen, das von
Vetternwirtschaft und Fehlentscheidungen geprägt ist.»
Bausback verteidigte zudem, dass die Staatsregierung auch teure
Masken-Geschäfte einging, wie das von Tandler vermittelte. Es gebe
keinen Grund für Kritik daran, dass die Staatsregierung lieber teure
Masken gekauft habe, als Menschenleben zu gefährden und zu opfern.
Konkret habe mit der damaligen Lieferung von einer Million Masken die
drohende Schließung von einigen Kliniken verhindert werden können.
«Es gab keine Alternative» zum Kauf der Masken, sagte Bausback.
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