70 Jahre Anonyme Alkoholiker - «Hilfe auf Gegenseitigkeit»

Die Anonymen Alkoholiker gelten als die größte Selbsthilfegruppe der
Welt. In Deutschland gibt es sie seit 70 Jahren. Millionen Betroffene
haben bei den Anonymen Alkoholikern seither Hilfe gesucht.

München (dpa/lby) - Die Anonymen Alkoholiker gibt es in Deutschland
seit 70 Jahren. Vom 31. März bis 2. April wollen Betroffene,
Angehörige und Interessierte beim Ländertreffen in München zum
Austausch zusammenkommen. Rund 2000 Teilnehmer werden nach Angaben
der Anonymen Alkoholiker (AA) erwartet. Der Drogenbeauftragte der
Bundesregierung, Burkhard Blienert, würdigte die Gruppe, die für «70

Jahre Engagement und Hilfe auf Gegenseitigkeit» stehe.

Alkohol gehöre für viele Menschen im Alltag dazu, so Blienert. Rund
neun Millionen Menschen in Deutschland konsumierten so viel Alkohol,
dass es riskant werde. «Bei etwa 1,9 Millionen ist von einer
Alkoholabhängigkeit auszugehen.»

Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) dankte ebenfalls für das
Engagement der Anonymen Alkoholiker: Sie ergänzten und bereicherten
die professionelle Versorgung niedrigschwellig durch eine
psychologische und soziale Komponente. Alkohol sei neben dem Rauchen
einer der wichtigsten verhaltensbedingten gesundheitlichen
Risikofaktoren.

In Bayern haben laut Holetschek mehr als eine Million Erwachsene
einen riskanten Alkoholkonsum, davon gelten etwa 280 000 Menschen als
alkoholabhängig. Nicht akzeptabel sei ganz klar das sogenannte
begleitete Trinken Jugendlicher im Beisein sorgeberechtigter
Erwachsener. «Ein solches Verhalten sollte gesellschaftlich geächtet
werden», sagte der Minister am Freitag.

Bundesweit gibt es den Angaben nach etwa 2000 AA-Gruppen, die sich
regelmäßig treffen, und zwar in Präsenz oder online. Auch
telefonische Beratung bietet die Gruppe an.

Das erste Treffen fand am 1. November 1953 in München statt.
Initiatoren waren hierzulande stationierte US-Soldaten, die in ihrer
Heimat schon den Anonymen Alkoholikern angehörten. In einem Hotel
veranstalteten sie das erste deutschsprachige AA-Meeting. Der Sitz
der Anonymen Alkoholiker in Deutschland ist in Gottfrieding in
Niederbayern.

Der Suchtmediziner Markus Backmund betonte jüngst: «Alkoholsucht ist
eine tödliche Krankheit.» Jährlich sterben in Deutschland nach seinen

Angaben etwa 75 000 Menschen an den Folgen des Konsums von Alkohol,
die Hälfte davon bei Unfällen wie einem Sturz auf dem Heimweg. Anders
aber als etwa Krebskranke könnten sich Alkoholsüchtige selbst dafür
entscheiden, ohne die Krankheit zu leben.