Arbeitsagentur: Kaum Leiharbeit in der Pflege in Thüringen

Wenn besonders viel Arbeit anliegt und es an Personal fehlt, können
Unternehmen Zeitarbeiter buchen - auch in der Pflege. In Thüringen
ist das alles andere als ein Massenphänomen. Dennoch gibt es Kritik.

Erfurt (dpa/th) - Leiharbeit in der Pflege spielt in Thüringer
Krankenhäusern und Pflegeheimen nach Angaben der Landesarbeitsagentur
bislang kaum eine Rolle. In den vergangenen vier Jahren waren dort im
Durchschnitt jährlich zwischen rund 180 und 280 Pflegebeschäftigte
über Zeitarbeit tätig, wie die Arbeitsagentur der Deutschen
Presse-Agentur mitteilte. Fest angestellt waren im gleichen Zeitraum
bis zu 12 000 Pflegekräfte in Seniorenheimen und rund 16 000 in
Krankenhäusern und Reha-Kliniken.

Auch bundesweit ist Leiharbeit in der Pflege eher ein
Nischengeschäft, wie es vom Interessenverband Deutscher
Zeitarbeitsunternehmen (IGZ) hieß. Nur etwas mehr als zwei Prozent
der Pflegekräfte bundesweit seien Zeitarbeiter, sagte ein
IGZ-Sprecher. Einer der Gründe: Der Fachkräftemangel erschwere es
auch Zeitarbeitsfirmen, geeignetes Personal zu bekommen.

Leiharbeit soll es Unternehmen ermöglichen, ihren Personalbedarf in
besonderen Spitzenzeiten abzufedern. In der Pflege war das in
Thüringen vor allem im vergangenen Jahr der Fall, als Kliniken und
Seniorenheime über viele Personalausfälle wegen Corona, aber auch
wegen der danach folgenden Grippewelle klagten. 281
Leiharbeit-Beschäftigte in der Kranken- und Altenpflege registrierte
die Agentur im Jahresdurchschnitt 2022. Im ersten Pandemiejahr 2020
waren es 178.

Im Kampf um die raren Fachkräfte sehen vor allem Altenpflegeanbieter
die Leiharbeit trotz des geringen Ausmaßes inzwischen zunehmend als
Problem an. «So, wie es derzeit läuft, destabilisiert das Leasing das
System Pflege», kritisierte kürzlich die Landesgeschäftsführerin de
r
Arbeiterwohlfahrt (AWO), Katja Glybowskaja.

So würden etwa Zeitarbeitsunternehmen Pflegebeschäftigte besser
bezahlen, auch könne sich Zeitarbeitspersonal die Arbeitszeiten
aussuchen und dabei etwa auf Nachtschichten verzichten. Die
AWO-Tochter AJS etwa mit rund 1300 Pflege-Stammbeschäftigten in ihren
40 Heimen hatte im vierten Quartal 2022 Verstärkung von 127
Zeitarbeitern. Grundsätzlich gegen Leasing ist die AWO einer
Sprecherin zufolge aber nicht.

Für Pflegeheime sei die Nutzung von Leiharbeitern teurer als das
eigene Personal, so die AWO. Weil sie auch Leasinggebühren und
Übernachtungskosten zu bezahlen hätten, müssten die Einrichtungen je

Leiharbeitskraft im Monat um die 10 000 Euro aufbringen. Dass
Zeitarbeiter in der Pflege «viel teurer» seien als Stammbeschäftigte,

sagt auch der Dachverband der privaten Pflegeanbieter (bpa). Die AWO
fordert unter anderem ein gesetzliches Verbot für Zeitarbeitsfirmen,
Leasingkräften bessere Bedingungen als dem Stammpersonal von Heimen
anzubieten.

Genau gegenteilig ist die Sicht des Thüringer Arbeitsministeriums.
«Um der Leiharbeit entgegenzuwirken, braucht es vor allem eine
Aufwertung des Stammpersonals durch bessere Arbeitsbedingungen,
einschließlich besserer Löhne», erklärte eine Sprecherin.