Noch viele Fragen vor Entscheidung über Unimedizin in Cottbus

Die Universitätsmedizin in Cottbus ist eines der größten Projekte im

Lausitzer Strukturwandel. Eine Entscheidung über die Art der
Umsetzung soll nun fallen. Im Vorfeld gibt es Irritationen.

Cottbus (dpa/bb) Vor einer Entscheidung der Landesregierung zum
Aufbau einer Universitätsmedizin in Cottbus hat die Präsidentin der
Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) vor einer Schwächung
des Uni-Standortes Senftenberg mit seinem Schwerpunkt Gesundheit und
Life Sciences gewarnt. Hintergrund sind Medienberichte über Pläne für

die Gründung einer eigenständigen medizinischen Hochschule statt der
Etablierung einer Fakultät an der BTU. Mit Studiengängen wie Pflege-,
Hebammen- und Therapiewissenschaften, Medizintechnik und
Biotechnologie sei Senftenberg ein Standort, für den sehr gekämpft
werde, sagte Gesine Grande der Deutschen Presse-Agentur. Der
Uni-Standort sei wichtig für die Stadt und die Region im
Strukturwandel.

Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) stellt an diesem Dienstag
im Kabinett das Konzept für den Aufbau des Innovationszentrums
Universitätsmedizin in Cottbus vor. Es soll Ende März an den
Wissenschaftsrat zur Begutachtung gehen. Angegliedert werden sollte
die Medizinerausbildung ursprünglich an die BTU - doch es könnte
anders kommen. Wie vorab bekannt wurde, wird über ein anderes Modell
nachgedacht, etwa die Gründung einer eigenständigen Hochschule. Die
BTU soll gesetzlich als Kooperationspartnerin verpflichtet werden.
Eine Bestätigung vom Wissenschaftsressort gab es dazu bislang nicht.

Finanziert wird das Projekt bis 2038 mit 1,9 Milliarden Euro aus dem
Strukturfonds der Bundesregierung für die Kohleregionen. Zum
Wintersemester 2026/27 sollen die ersten Studenten starten.

Mit einer angedachten neuen Hochschule sieht Grande die Gefahr einer
übermächtigen Konkurrenz. Vor zehn Jahren seien die Fachhochschule
Senftenberg und die Uni Cottbus zur BTU fusioniert, die
Restrukturierung habe Kraft gekostet. «Wir sehen eine neue Hochschule
deshalb auch als Risiko», so die BTU-Präsidentin, die in einem Brief
Ministerpräsident Dietmar Woidke um Unterstützung gebeten hat.

Das kursierende Argument einer Überforderung der Universität für
solch ein riesiges Projekt hält Grande für ein «Totschlagargument»
-
auch, weil es faktisch nicht zu beweisen sei. «Wir öffnen uns gerade
für so viele neue Herausforderungen, haben Strukturwandelgelder für
die kommenden Jahre von 750 Millionen Euro, die wir integrieren.» Für
eine Einbettung der Unimedizin wäre jetzt ein guter Zeitpunkt.

Das Konzept der Unimedizin sieht vor, dass durch die BTU unter
anderem die Lehre in den Grundlagenfächern und die wissenschaftliche
Expertise und kritische Masse sichergestellt wird.
Umsatzsteuerrechtliche Fragen, die im Raum standen, seien durch
jüngste Entwicklungen auf Bundesebene Grande zufolge geklärt.

Die Etablierung einer Universitätsmedizin sei extrem teuer und stehe
unter besonderem Wettbewerbsdruck, gibt sie zu bedenken. Eine neue
Medizinische Hochschule in Brandenburg hätte Alleinstellungsmerkmal,
sonst gibt es in Deutschland nur noch die Medizinische Hochschule in
Hannover. Gerade für eine Neugründung in der Lausitz müsse es
herausragende Bedingungen für die Forschenden und Lehrenden geben, so
Grande. Auch die Einbettung in ein attraktives wissenschaftliches
Umfeld spiele eine große Rolle. Das alles sei an der BTU vorhanden.
Deutschlandweit gebe es weit über 30 funktionierende Beispiele für
funktionierende gemeinsame Modelle von Universitätsmedizin und
Universität, einige davon wurden erst in jüngster Zeit gegründet.

In ihrem Brief an die Landesregierung schlägt die Uni-Präsidentin
vor, Senftenberg als komplementären Standort für die Unimedizin zu
stärken und insbesondere das Institut für Gesundheit und die
Biotechnologie zu starken Partnern für die Medizin zu entwickeln.
Damit würden zukünftig enge Kooperationen in der Lehre und in der
Forschung sowie Synergien auch zwischen zwei getrennten Universitäten
ermöglicht. «Wir brauchen jetzt andere politische Unterstützung als
in den vergangenen Monaten», so Grandes Botschaft nach Potsdam.