EU-Indien-Abkommen: Ärzte warnen vor erschwertem Medikamenten-Zugang

Neu Delhi/Brüssel (dpa) - Ärzte ohne Grenzen (MSF) warnt wegen der
Freihandelsabkommen-Verhandlung zwischen der EU und Indien vor einem
erschwerten Zugang für ärmere Länder zu Generika-Medikamenten. Es
bestehe die Gefahr, dass indische Hersteller Originalmedikamente von
Pharmafirmen aus der EU erst nach einer längeren Frist kopieren
dürften als momentan, sagte die MSF-Expertin für den Zugang zu
Medikamenten, Melissa Scharwey, der Deutschen Presse-Agentur. Diese
Gefahr erschließe sich aufgrund eines veröffentlichten Entwurfs des
Freihandelsabkommens, sagte sie.

Die EU-Kommission erklärte auf Anfrage, dass die Freihandelsabkommen
der EU die Lieferung von Arzneimitteln nicht verhinderten. Wenn die
EU und ihre Handelspartner ihre Märkte füreinander öffneten, müsste
n
die Regeln zum geistigen Eigentum fair, ausgewogen und transparent
sein. Dazu gehörten Bestimmungen für den Pharmasektor, die notwendig
seien, damit es Anreize für Innovationen gebe.

Indien ist als Apotheke der Welt bekannt und stellt viele Medikamente
besonders für ärmere Länder kostengünstig her. Ärzte ohne Grenzen
und
andere humanitäre Organisationen kaufen Medikamente für ärmere Länd
er
mehrheitlich von dort, etwa HIV-Medikamente.

Derzeit gilt Scharwey zufolge nach internationalen Bestimmungen der
Welthandelsorganisation WTO für Originalmedikamente ein Patentschutz
von 20 Jahren. Laut Entwurf könnten Pharmafirmen aus der EU künftig
aber eine Verlängerung dieses Patentschutzes in Indien um mehrere
Jahre anmelden, so die Expertin. Dadurch könnten Generika-Firmen
diese Medikamente erst später günstig nachproduzieren. Laut
EU-Kommission ändern die Freihandelsabkommen der EU bestehende
WTO-Verpflichtungen über die Rechte bei geistigem Eigentum nicht.

Zudem kritisiert Ärzte ohne Grenzen, die EU fordere dem Entwurf nach,
dass Generika-Firmen vor dem Kopieren von Originalmedikamenten neue
Medikamententests durchführen müssten - wie damals die
Originalhersteller. Dies würde den Zugang zu Generika-Medikamenten in
armen Ländern weiter erschweren.

Seit Jahren versuchen die EU und Indien ein Freihandelsabkommen zu
vereinbaren. Verhandlungen gab es von 2007 bis 2013. Damals
scheiterten die Gespräche aber. Eine Hürde war die Pharma-Thematik.
Im vergangenen Jahr wurden die Verhandlungen wieder aufgenommen.