Mann greift mehrfach Menschen auf Bahnhöfen an - Sicherungsverwahrung

Mit Faustschlägen, einer abgebrochenen Flasche und einem Messer -
immer wieder greift ein 33-Jähriger grundlos Menschen an Hamburger
Bahnhöfen an. Einer der Verletzten verblutet beinahe. Das Landgericht
schickt den Angeklagten jetzt auf unabsehbare Zeit ins Gefängnis.

Hamburg (dpa/lno) - Wegen mehrerer Angriffe auf Menschen an Bahnhöfen
hat das Landgericht Hamburg einen Mann zu neun Jahren Haft
verurteilt. Die Strafkammer verhängte am Freitag zudem
Sicherungsverwahrung. Das bedeutet, dass der 33-Jährige auch nach
Verbüßung der Haftzeit nicht auf freien Fuß kommt, solange er eine
Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Die Vorsitzende Richterin
Birgit Woitas sprach von einer «Grundaggressivität», die dem
Angeklagten innewohne.

Das schwerste Verbrechen beging der 33-Jährige nach Überzeugung des
Gerichts am 13. März 2022 am Hauptbahnhof. Dort sei er mit einem
Obdachlosen, der ihn um eine Zigarette angebettelt habe, in Streit
geraten und habe ihn zunächst geschlagen und getreten. Dann sei er
dem flüchtenden Mann gefolgt und habe ihm mit großer Wucht ein Messer
in den Rücken gestoßen. Nur dank einer schnellen notärztlichen
Behandlung habe der 31-Jährige überlebt. Die Kammer wertete die Tat
als versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung.

In den fünf Monaten davor beging der Türke drei weitere
Körperverletzungen an U- und S-Bahnhöfen. Die erste verübte er nur
wenige Tage nach Entlassung aus dem Gefängnis. Grund für die
Untersuchungshaft war eine andere Messertat an einem U-Bahnhof
gewesen. Nach Angaben des Gerichts soll er am 25. Juli 2021 einen
Mann an der Station St. Pauli mit einem Cuttermesser verletzt haben.
Das Amtsgericht hatte ihn deswegen am 18. Oktober 2021 zu einer
Bewährungsstrafe von zehn Monaten verurteilt und den Haftbefehl
aufgehoben. Gegen das Urteil legte der Angeklagte Berufung ein, über
die noch nicht entschieden ist.

Bereits in der U-Haft verübte der Angeklagte zwei neue Taten. Am 18.
September 2021 drohte er laut Gericht einer Vollzugsbeamtin, sie
«abzustechen». Als ihn Beamte daraufhin auf eine Sicherheitsstation
bringen wollten, leistete er Widerstand, wie Woitas erklärte.

Nach seiner Entlassung aus der Haft geriet er am 24. Oktober 2021 mit
einem Mann am U-Bahnhof Schlump in Streit. Der Angeklagte sei dem
Mann hinterhergelaufen und habe ihn mit einer abgebrochenen
Bierflasche drei stark blutende Verletzungen am Kopf zugefügt, sagte
die Richterin.

Nur einen Monat später, am 28. November 2021, habe er am U-Bahnhof
Kellinghusenstraße frühmorgens einen Mann und eine Frau auf dem
gegenüberliegenden Bahnsteig in obszöner Weise beleidigt und seinen
Penis gezeigt. Dann sei er durch das Gleisbett auf den Mann auf dem
anderen Bahnsteig zugelaufen. Die Frau, die sich schützend vor ihren
Begleiter stellen wollte, habe er mit zwei Schlägen zur Seite
geschubst. Den ihm völlig fremden Mann, der nach Angaben der
Richterin auch keinen Anlass für die Aggression gegeben hatte, schlug
der Angeklagte mit der Faust mehrfach gegen Kopf und Rippen. Als ein
dritter Mann dem Angegriffenen zu Hilfe kommen wollte, wurde auch
dieser von dem Angeklagten geschlagen.

Am 4. März 2022 griff der 33-Jährige zwei Männer am U- und S-Bahnhof

Barmbek an, wie das Gericht feststellte. Er habe abends mit einer
Bierflasche in der Hand an einem Taxistand gestanden und laut
herumgeschrien. Als ihn zwei Männer aufforderten wegzugehen, habe er
einen von ihnen mit der Flasche ins Gesicht geschlagen. Allerdings
setzten sich die beiden Männer zur Wehr und schlugen nun ihrerseits
auf den Angeklagten ein. Dabei brachen sie ihm die Nase.

Der 33-Jährige hatte im Prozess erklärt, die beiden Männer hätten i
hn
«abziehen» wollen. Das bezeichnete Woitas als Schutzbehauptung.
Genauso stufte sie eine Erklärung des Angeklagten zu der Tat am
Hauptbahnhof ein, die nur neun Tage später folgte. Demnach soll der
Obdachlose gedroht haben, ihn mit einer infizierten Nadel zu stechen.
Dagegen habe er sich in Notwehr verteidigt. Diese angebliche
Bedrohung sei auf Videoaufzeichnungen von der Tat nirgendwo zu sehen,
sagte die Richterin.

Bei dem Angeklagten sei keine psychische Erkrankung erkennbar.
«Ursache für die Taten ist in erster Linie Ihre
Persönlichkeitsstruktur», sagte die Richterin an den 33-Jährigen
gewandt. Er scheine in keiner Weise zu verstehen, was ihm vorgeworfen
werde. Stattdessen suche er die Schuld bei anderen und zeige keine
Einsicht. Der Angeklagte habe keine Ausbildung und sei mehrfach
vorbestraft. Auch gegenüber Rettungspersonal und einem Arzt im
Krankenhaus sei er gewalttätig geworden. Bei dieser Äußerung
versuchte der Angeklagte, die Vorsitzende Richterin zu unterbrechen,
die ihn jedoch scharf ermahnte. Gegen das Urteil kann Revision
eingelegt werden.