Betriebsärzte: Gesundheit als Instrument gegen den Fachkräftemangel

Viele Krankheitstage, älter werdende Belegschaften - die Gesundheit
von Mitarbeitern rückt in Thüringen zunehmend in den Blick. Experten
diskutieren in Jena über die Chancen der Arbeitsmedizin.

Jena (dpa/th)- Die kleinteilige Unternehmenslandschaft im Freistaat
stellt die Arbeitsmedizin vor besondere Herausforderungen. Rund 93
Prozent der Betriebe im Land seien Kleinst-, Klein- oder
mittelständische Unternehmen mit maximal 49 Beschäftigten, teilte
Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) am Mittwoch zum Auftakt
der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und
Umweltmedizin in Jena mit. Für diese sei es oft schwerer,
Arbeitsschutzpflichten umzusetzen und Betriebsärzte zu finden.

Um insbesondere kleineren Unternehmen den Zugang zur
betriebsärztlichen Versorgung zu ermöglichen, läuft seit 2017 das
gemeinsame Modellprojekt von Fachgesellschaft und Barmer-Krankenkasse
«Gesund arbeiten in Thüringen», das bis 2025 verlängert wurde. Die
in
regionalen Netzwerken in Erfurt, Suhl und Gera verankerten Angebote
können von mehreren Firmen gemeinsam genutzt werden, um Ressourcen zu
schonen.

«Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, des allgemeinen
Fachkräftemangels und des immer höher werdenden Renteneintrittsalters
gewinnt die Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit zunehmend an
Bedeutung», betonte der Vize-Präsident der Fachgesellschaft, Volker
Harth, am Mittwoch. Eine gute medizinische Betreuung und Versorgung
könne seiner Meinung nach zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil
werden, wenn es darum gehe, Fachkräfte zu binden und auch älteren
Beschäftigten mit Vorerkrankungen eine Teilnahme am Erwerbsleben zu
ermöglichen.

Das Thema Gesundheit am Arbeitsplatz spielt gerade in Thüringen eine
wichtige Rolle. Laut einer Studie der Barmer-Krankenkasse waren 2022
deutlich mehr Menschen im Freistaat krankgeschrieben als im Vorjahr.
Die Zahl habe monatlich im Schnitt um 55 Prozent über dem Wert von
2021 gelegen, teilte Geschäftsführerin Birgit Dziuk am Mittwoch mit.

Von 1000 Beschäftigten seien im vergangenen Jahr durchschnittlich 190
pro Monat arbeitsunfähig gewesen, im Vorjahr habe die Zahl noch bei
122 gelegen. Laut Dziuk ist dies bundesweit der zweithöchste Wert,
nur in Sachsen-Anhalt liegt dieser mit fast 196 noch etwas höher.

Für die Prävention und die Gesundheitsvorsorge müsse die Arbeitswelt

viel stärker als bisher in den Blick genommen werden, teilte
Gesundheitsministerin Werner mit. Arbeitsschutz und betriebliche
Gesundheitsförderung rechneten sich nicht nur volkswirtschaftlich, so
Werner, sondern auch in Hinblick auf Personalbindung und die
Motivation der Beschäftigten.