Gemeinsam für den Wald: Private Initiativen helfen bei Aufforstung Von Andrea Löbbecke und Sebastian Gollnow , dpa

Um den Wald aufzuforsten, krempeln dieses Frühjahr wieder zahlreiche
Privatleute die Ärmel hoch. Initiativen für ehrenamtliche
Pflanzaktionen boomen. Dabei geht es nicht nur um neue Bäume.

Schmitten/Bonn (dpa) - Als Brigitta Brüning-Bibo vor drei Jahren auf
ihrer üblichen Hunde-Gassi-Runde im Taunus unterwegs ist, wird ihr
schlagartig klar, was sich schon länger andeutet. Der Wald ist weg -
zumindest auf großen Flächen, komplette Berghänge sind in kurzer Zeit

kahl geworden. «Das ist ja schrecklich, dachte ich», erzählt
Brüning-Bibo heute. «Und ich beschloss: Ich will was für den Wald
tun.» Kurz darauf entstand der «Herzenswald Schmitten», ein Projekt
des Vereins Feldberginitiative.

Über Baumpatenschaften und Aufforstungsaktionen will «Herzenswald»
dazu beitragen, dass neuer Wald nachwächst. Neben Firmenevents gibt
es unter anderem regelmäßig Pflanzaktionen, bei denen jeder
willkommen ist. Initiativen für die Aufforstung boomen derzeit in
Deutschland - mit viel privatem Engagement. Statt zum Spaziergang
geht es dann mit Schaufel, Gummistiefeln und Arbeitshandschuhen in
den Wald. Auch viele Forstämter organisieren solche ehrenamtliche
Aktionen - etwa rund um den Tag des Waldes am 21. März.

Rund 450 000 Hektar müssen nach Schätzungen von Fachleuten wegen der

massiven Schäden in Deutschland wiederbewaldet werden, wie das
Bundeslandwirtschaftsministerium erklärt. Ursache ist unter anderem
die extreme Trockenheit verbunden mit hohen Temperaturen in den
Sommern 2018 bis 2020 und im Jahr 2022. Überwiegend Fichten starben
oder wurden so krank, dass sie gefällt werden mussten. Aber auch
Laubbäume sind zunehmend von den Folgen des Klimawandels betroffen.

Den Wald allein über den natürlichen Weg nachwachsen zu lassen, würde

den Wiederaufbau um mehrere Jahrzehnte verzögern, erklärt die
Sprecherin der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) in Bonn,
Sabine Krömer-Butz. «Außerdem ist es das Ziel, Mischwälder zu
begründen, die dem Klimawandel gegenüber stabiler sind.» Auf reinen
Fichten- oder Kiefernflächen würden hauptsächlich Fichten und Kiefern

keimen.

«Bei unseren öffentlichen Pflanzungen erreichen wir bei den
Beteiligten eine größere Sensibilität für das komplexe Ökosystem

Wald», erläutert Krömer-Butz. «Das lässt uns hoffen, dass allgeme
in
ein größeres Umweltbewusstsein entsteht.»

Die Sprecherin des Landesbetriebs Hessen Forst, Michelle Sundermann,
sagt: «Seit 2018 erleben wir eine große Solidarität der Menschen mit

dem Wald.» Die Klimakrise sei mit voller Wucht in den Wäldern
angekommen und jeder könne die Folgen beobachten. «Mit unseren
Mitmachaktionen geben wir den Menschen die Möglichkeit, sich aktiv an
der so dringend erforderlichen Wiederbewaldung zu beteiligen», betont
Sundermann.

Allein Hessen Forst plant, im hessischen Staatswald 2023 insgesamt
gut vier Millionen Bäumen neu zu pflanzen. Den größten Teil der
Arbeit übernähmen Unternehmer oder eigene Forstwirtinnen und
Forstwirte. «Der Umfang, den wir mit Freiwilligen pflanzen können,
ist vor dem Hintergrund dieser großen Anzahl nur symbolisch - dafür
sind die Freiflächen einfach zu groß», sagt Sundermann. «Für uns
ist
das aber dennoch ein großer Gewinn und eine große Chance, weil wir so
mit den Menschen in Kontakt bleiben, und weil wir auch Verständnis
für die Waldarbeit generieren können.»

Die kleinen Bäume für die Neuanpflanzungen wachsen überwiegend in
regionalen Forstbaumschulen heran. Diese Betriebe hätten sich auf die
Vermehrung des Saatgutes für jede klimatische Region mit ihren
unterschiedlichen Anforderungen spezialisiert, erläutert
SDW-Sprecherin Krömer-Butz.

Alternativ könne man neuen Wald auch säen, also beispielsweise
Eicheln oder Kastanien direkt in die Erde legen, erklärt
Hessen-Forst-Sprecherin Sundermann. Manchmal würden auch Bäume
innerhalb eines Bestandes umgesetzt - in der Fachsprache heißt dies
«Wildlinge werben».

«Das Bewusstsein für den Wald hat sich während Corona nochmal
verändert, da die Menschen mehr in der Natur unterwegs waren», hat
Brüning-Bibo beobachtet. Wer weiß, wie es sich anfühlt, durch einen
intakten Wald zu laufen, mit den typischen Gerüchen, der guten Luft
und der Kühle, der sei umso geschockter, wenn er auf einer Kahlfläche
steht. Die Pflanzaktionen mit Bürgerbeteiligung erfüllten - neben der
Aufforstung - einen weiteren wichtigen Zweck, ergänzt Olaf Gierke von
der Feldberginitiative. «Die Menschen sprechen miteinander, sie reden
mit den Forstleuten und bekommen mehr Verständnis für deren Arbeit.»