Spree-Neiße kämpft gegen Schweinepest - Seuchendruck von zwei Seiten

Mit Zaunbau, Restriktionszonen und vielen Freiwilligen kämpft
Brandenburg gegen die Ausbreitung der Schweinepest. In einigen
Regionen hat die Strategie Erfolg. Im Süden grassiert die Seuche.

Neuhausen (dpa/bb) - Seit zweieinhalb Jahren stemmt sich Brandenburg
gegen die Afrikanische Schweinepest - in einigen nördlichen
Landkreisen mit zunehmendem Erfolg. Im südlichen Landkreis
Spree-Neiße hingegen grassiert die Tierseuche seit Anfang des Jahres.
Der Seuchendruck kommt aus dem Osten und dem Süden. Mit
Fallwildsuche, Drohnen und Kadaversuchhunden stemmt sich der Kreis
gegen die Ausbreitung der Schweinepest Richtung Norden. Davon machte
sich der Landeskrisenstab nicht nur ein Bild - er suchte auch mit.
Der betroffene Landkreis hofft weiter auf Unterstützung vom Land. Die
Schweinehalter in der Region haben inzwischen so gut wie aufgegeben.

Im September 2020 wurde bei einem Wildschwein-Kadaver im Landkreis
Spree-Neiße - erstmals in Deutschland - die Tierseuche amtlich
festgestellt. Seitdem bildet vor allem Brandenburg mit den
getroffenen Bekämpfungsmaßnahmen ein Bollwerk gegen die weitere
Ausbreitung der ASP aus Polen nach Westeuropa.

Auch am Dienstag durchkämmten freiwillige Helfer wieder die Region in
der Gemeinde Neuhausen im Spree-Neiße- Kreis. Kadaversuchhunde wurden
von Hundeführern über Äcker geschickt, Drohnen in der Luft sollten
Aufschluss über Funde geben. Zwischen 10 und 15 tote Wildschweine
werden nach Angaben von Amtstierarzt Helfried Kröber jeden Tag
gefunden. Täglich suchten bis zu 100 freiwillige Einsatzkräfte mit
etwa sieben Hundeführern das Gebiet ab. Sie erhalten eine
Aufwandsentschädigung. Gefundene oder erschossene Tiere werden
zunächst beprobt. Sind sie infiziert, werden sie an eine Sammelstelle
gebracht und dann zur Beseitigung von Brandenburg nach Genthin in
Sachsen-Anhalt transportiert. Bei der Fallwildsuche arbeitet der
Landkreis ab April mit vier Firmen aus der Region zusammen.

Auch Brandenburgs Verbraucherschutzstaatssekretärin Antje Töpfer,
Landestierarzt Stephan Nickisch und Landrat Harald Altekrüger
schlugen sich durchs Gebüsch und nahmen zeitweise an der Suche nach
totem Schwarzwild teil. Töpfer sprach von einer sehr angespannten
Situation in der Region. «Die Seuchenbekämpfung ist kein Sprint,
sondern ein Marathon.» Es müsse verhindert werden, dass sich die
Tierseuche Richtung Norden ausbreite, so die Staatssekretärin. Dafür
müsse unter Mithilfe der Jäger die doppelt eingezäunte Weiße Zone
entlang der A15 als nördliche Grenze möglichst schnell frei von
Schwarzwild sein. Nach Angaben des Landkreises ist auch die Planung
für einen Zaun zum Schutz des Spreewaldes im Westen abgeschlossen.
Sollte es dort Funde geben, könne rasch reagiert werden.

Die Idee der sogenannten Weißen Zone ist, die Wildschweine in diesem
Bereich zu entfernen, um die Infektionsketten zu unterbrechen. Dort
wird das Schwarzwild getötet. Damit soll die Seuche wieder in die
ausgewiesenen Kerngebiete zurückgedrängt werden. Das habe in
nördlicheren Regionen wie der Prignitz, der Uckermark und im Barnim
gut funktioniert, berichtete Töpfer. Dort könnten in den kommenden
Wochen Stück für Stück die Kerngebiete aufgehoben werden.

Anders in der Spree-Neiße-Region: Nach Angaben des Landrats gibt es
über 900 Funde seit September 2020, laut Verbraucherschutzministerium
sind davon 795 ASP-Fälle bestätigt. Der Seuchendruck komme aus dem
Osten, aber auch aus Sachsen im Süden, machte der CDU-Politiker klar.
Das benachbarte Bundesland verfolge eine andere Strategie als
Brandenburg und habe beispielsweise keine Kerngebiete ausgewiesen,
die mit einem festen Zaun umschlossen werden. Um solche Kerngebiete
wurde in Brandenburg mit der weißen Zone ein zweiter Zaun gezogen.
Das Land übernimmt für die Schutzmaßnahmen 80 Prozent der Kosten.

Ein Schwerpunkt bei der Suche nach toten Wildschweinen ist derzeit
der Spremberger See, ein Naherholungsgebiet. Tiere, die sich
infizierten, hätten Fieber und suchten am Wasser Abkühlung, beschrieb
Landestierarzt Nickisch. Deshalb verendeten sie häufig in Schilfzonen
und in der Nähe von Gewässern. Der Landestierarzt wies noch auf ein
anderes Problem hin: Diebstahl, Vandalismus, offen gelassene Tore,
Sturmschäden verhinderten eine erfolgreiche Bekämpfung.

Auch für die Schweinehalter sei die Lage mehr als angespannt, sagte
Landrat Altekrüger. Im Landkreis Spree-Neiße habe sich mittlerweile
die Schweinehaltung um fast 90 Prozent reduziert. «Die Schweinehalter
haben aufgegeben», stellte Altekrüger dar. In Tornitz
(Oberspreewald-Lausitz), eine halbe Stunde von der Seuchenregion
entfernt, befinde sich eine große Schweinemastanlage mit etwa 60 000
Tieren. Deshalb müsse weiter gegen eine Ausbreitung gekämpft werden.

Landesbauernpräsident Henrik Wendorff sieht auch für andere
Landkreise wie Märkisch Oderland und die Uckermark keine wirkliche
Entspannung. Mit der Aufhebung von Kernzonen gebe es Entspannung für
den Ackerbauer, aber kaum für die Tierhalter, sagte er der dpa. «Nach
wie vor haben Schweinehalter immer noch erhöhten Aufwand bei der
Vermarktung ihrer Tiere.». Nötige Untersuchungen der Tiere seien eine
hohe Kostenbelastung. Eine modifizierte Förderichtlinie des Landes
soll Wendorff zufolge Entlastung für die Bauern bringen.