Zwei Mädchen gestehen Tötung von zwölfjähriger Luise

Diese Tat macht sprachlos: Zwei 12 und 13 Jahre alte Mädchen
gestehen, die zwölfjährige Luise erstochen zu haben. Am Opfer
entdecken Rechtsmediziner zahlreiche Messerstiche. Doch das
Strafrecht greift bei so jungen mutmaßlichen Täterinnen nicht.

Freudenberg/Koblenz (dpa) - Zwei 12 und 13 Jahre alte Mädchen haben
gestanden, die zwölfjährige Luise aus dem nordrhein-westfälischen
Freudenberg erstochen zu haben. Die verdächtigen Mädchen und das
Opfer hätten sich gekannt, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am
Dienstag in Koblenz mit. Zum Motiv machten sie mit Verweis auf die
noch strafunmündigen Kinder keine Angaben. Vermutlich hätten
«irgendwelche Emotionen» eine Rolle gespielt. Nordrhein-Westfalens
Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) zeigte sich bestürzt: «Es zieh
t
einem den Boden unter den Füßen weg.»

In der Rechtsmedizin der Uniklinik Mainz waren bei der Obduktion
zahlreiche Messerstiche an der Leiche der Zwölfjährigen festgestellt
worden. Luise sei verblutet. «Wir haben derzeit noch keine Tatwaffe»,
sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Koblenz, Mario Mannweiler.
Polizisten suchten das Gelände um den Tatort am Dienstag erneut ab.

Die tatverdächtigen Mädchen waren ins Visier der Ermittler geraten,
weil ihre Aussagen aus einer ersten Anhörung im Widerspruch zu den
Aussagen anderer Zeugen standen. Bei einer nochmaligen Anhörung im
Beisein von Erziehungsberechtigten und Psychologen seien sie am
Montag mit den Widersprüchen konfrontiert worden und hätten die Tat
schließlich gestanden. Beide Mädchen seien der Polizei zuvor nicht
aufgefallen.

«Nach über 40 Dienstjahren gibt es immer noch Ereignisse, die einen
sprachlos zurücklassen», sagte der Koblenzer Polizei-Vizepräsident
Jürgen Süs. Mannweiler sprach von einem erschütternden Fall: «Das i
st
kein Alltag.»

Da die mutmaßlichen Täterinnen noch Kinder sind, bedeutet dies laut
Mannweiler, «dass keine strafrechtlichen Sanktionen erfolgen können,
weil das Gesetz das verbietet». Die 12 und 13 Jahre alten Mädchen
seien «in einem geschützten Raum in der Obhut des Jugendamtes».

Die vermisste zwölfjährige Luise war am Sonntag tot in der Nähe eines

Radweges auf rheinland-pfälzischem Gebiet unmittelbar an der
Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen gefunden worden. Am Montag hatten
die Behörden bekanntgegeben, dass das Kind Opfer eines Verbrechens
geworden war.

Die Schülerin war zuletzt am Samstag gegen 17.30 Uhr in Freudenberg
gesehen worden, als sie nach dem Besuch einer Freundin zu Fuß den
Heimweg antrat. Als die Zwölfjährige nicht nach Hause kam, hatten die
Eltern nach etwa drei Stunden den Notruf gewählt. Es sei dann noch am
Samstag eine Suchaktion mit Mantrailer-Spürhunden, einem Hubschrauber
mit Wärmebildkamera, Drohnen sowie Kräften von Polizei und Feuerwehr
in einem sehr unwegsamen Waldgelände gestartet worden, hieß es.

Nach Hinweisen habe dann ein Hundeführer der Polizei die Leiche des
Mädchens am Sonntag in einem Böschungsbereich auf
rheinland-pfälzischem Gebiet nahe der Landesgrenze gemeldet. Laut
Mannweiler übernimmt in Kürze die Staatsanwaltschaft Siegen die
Ermittlungen für «Restabklärungen».

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) äußerte sich betroffen.
«Dass offenbar zwei kleine Mädchen diese abscheuliche Tat begangen
haben, lässt sich kaum begreifen und macht tief betroffen», sagte er
der Deutschen Presse-Agentur. Gesetzgeberischen Handlungsbedarf -
etwa in Form einer Absenkung des Alters für Strafmündigkeit - sieht
Buschmann nicht. Kinder unter 14 Jahren würden zwar strafrechtlich
nicht belangt, «aber unsere Rechtsordnung kennt andere Wege, um
darauf zu reagieren, etwa das Kinder- und Jugendhilferecht sowie das
Familienrecht», sagte er.

NRW-Regierungschef Wüst sagte, es sei unvorstellbar und kaum
auszuhalten, dass Kinder zu solchen Taten fähig seien. «Die
geschilderten Details lassen uns erschaudern.» Was diese Tat in der
Orts- und der Schulgemeinschaft von Luise auslöse, lasse sich
bestenfalls erahnen. «Wo das Land helfen kann, wird das Land helfen»,
versicherte der Ministerpräsident. «Der Familie wünschen wir die
notwendige Kraft, durch diese Zeit unfassbaren Schmerzes zu kommen.»