Kassenärztechef Gassen: «Deutlich zu viele Krankenhäuser»

Berlin (dpa) - Angesichts der geplanten Krankenhausreform hat der
Chef der Kassenärzte, Andreas Gassen, mit Blick auf Deutschlands
Kliniken den Abbau von Überkapazitäten gefordert. «Im Zuge der
Krankenhausreform werden wir selbstverständlich Krankenhäuser abbauen
oder umwandeln müssen. Wer etwas anderes sagt, verschließt die Augen
vor der Wirklichkeit», sagte der Vorstandsvorsitzende der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) der «Neuen Osnabrücker
Zeitung» (NOZ/Dienstag). «Wir haben historisch deutlich zu viele
Krankenhäuser mit in der Regel deutlich zu wenig Personal. Es wäre
daher nur logisch, wenn wir das Personal, das wir haben, an den
Kliniken bündeln, die wir ohne Frage brauchen.»

Ein Bettenabbau sei möglich, wenn das Potenzial einer Stärkung
ambulanter Behandlungen genutzt werde, sagte Gassen. Von rund 20
Millionen Krankenhausfällen könnten fünf Millionen unmittelbar
ambulant behandelt werden, sagte der KBV-Chef. «In Deutschland werden
Operationen im Krankenhaus vorgenommen, die im Rest der Welt seit
Jahren ambulant gemacht werden.» Die Leistungen könnten künftig in
Praxen, in Versorgungszentren oder auch in Krankenhäusern, in denen
Klinikärzte und Niedergelassene zusammenarbeiten, erbracht werden.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) müsse im Zuge seiner
Krankenhausreform dann aber auch für gleiche Standards und
Vergütungen sorgen, forderte Gassen. «Wenn niedergelassene Fachärzte

zum Skalpell greifen, müssen sie bei ambulanten Eingriffen genauso
vergütet werden wie die Krankenhaus-Kollegen, wie es außerhalb
Deutschlands gang und gäbe ist», betonte er. Die KBV ist nach eigenen
Angaben die politische Interessenvertretung von rund 185 000 in
Praxen ambulant tätigen Ärzten und Psychotherapeuten.

Lauterbach zufolge sollen die Eckpunkte für das Gesetz zur
Krankenhausreform bis zur Sommerpause vorliegen. Die Pläne der
Ampel-Koalition zielen darauf ab, das gewachsene Kliniknetz in drei
Versorgungsstufen einzuordnen und entsprechend zu finanzieren - von
der wohnortnahen Grundversorgung über eine zweite Stufe mit weiteren
Angeboten bis zu Maximalversorgern wie Unikliniken. In Deutschland
gibt es aktuell rund 1900 Krankenhäuser mit mehr als 480 000 Betten.