Schwanger - und dann? Profi-Fußballerinnen kämpfen für ihre Rechte Jacqueline Melcher, dpa

Wenn Profi-Fußballerinnen schwanger werden, ist für sie oft nicht
klar, wie es mit der Karriere weitergeht. Vermehrt kämpfen sie um
ihre Rechte. Der Fall von Sara Gunnarsdóttir soll ein Weckruf sein.

München (dpa) - Die Baby-Freude ist auch bei Fußballerinnen groß, die

Ungewissheit aber auch. Viele Fragen begleiten die werdenden Mütter,
die ihre Familienplanung eben nicht erst nach der Karriere
vorantreiben wollen. Wie reagiert der Verein? Welche Konsequenzen hat
die Elternzeit für die sportliche Zukunft? Und klappt es danach
überhaupt mit der Rückkehr in den Sport? Nationaltorhüterin Almuth
Schult hat das alles schon einmal durchgemacht: Im Jahr 2020 legte
sie wegen der Geburt ihrer Zwillinge eine Babypause ein, heute ist
sie erneut schwanger. Wie es danach mit ihrer sportlichen Karriere
weitergeht? Das ist für die 32-Jährige unklar.

Schult ist im Fußball kein Einzelfall mehr. Immer häufiger bekommen
Spielerinnen während ihrer aktiven Karriere ein Kind - sie kämpfen
auch um Rechte, die ihnen eigentlich schon zustehen. Im Januar sorgte
etwa eine Entscheidung des FIFA-Tribunals für größere Schlagzeilen,
wonach der französische Fußball-Club Olympique Lyon mehr als 80 000
Euro an seine ehemalige Spielerin Sara Björk Gunnarsdóttir nachzahlen
musste. Der Verein hatte der isländischen Nationalspielerin nach
Bekanntwerden ihrer Schwangerschaft den Lohn teils nicht mehr
überwiesen. Zu Unrecht entschied die entsprechende Kammer des
Weltfußballverbandes FIFA.

Gunnarsdóttir bezeichnete das Urteil als «Weckruf» für alle Vereine

und eine Botschaft an alle Spielerinnen. Sie hätten «Rechte und
Garantien, wenn sie schwanger sind oder schwanger werden wollen
während ihrer Karriere». Die deutsche Nationalspielerin Alexandra
Popp sprach im RTL-Interview die Unterstützung für ihre ehemalige
Teamkollegin beim VfL Wolfsburg aus: «Das hat nichts mehr mit einer
gewissen Menschlichkeit zu tun. Da geht's dann einfach am Ende nur
noch um Business und das ist aus meiner Sicht ganz verkehrt.»

Seit rund zwei Jahren steht professionellen Fußballerinnen weltweit
ein bezahlter Mutterschutz zu. Die FIFA stellte im Dezember 2020
entsprechende Regeln auf, die für Fußballerinnen einen Anspruch auf
Mutterschaftsurlaub für mindestens 14 Wochen bei mindestens zwei
Drittel ihres vertraglich festgelegten Gehalts festlegt und die
Frauen vor Vertragskündigungen wegen der Schwangerschaft schützt.
Eine Nichteinhaltung der FIFA-Regeln kann dabei auch mit sportlichen
Sanktionen bestraft werden.

Von den neuen Regeln profitierten aber vorwiegend Spielerinnen, die
in Ländern mit geringen Mutterschutzstandards arbeiten, sagte Ulf
Baranowsky, Geschäftsführer bei der Spielergewerkschaft VDV. «In
Deutschland gibt es glücklicherweise schon sehr weitgehende
gesetzliche Regelungen zum Mutterschutz.»

Während der Schwangerschaft und kurz nach der Geburt steht Frauen in
Deutschland grundsätzlich ein Schutz vor Kündigung und meistens auch
vor einer Minderung ihres Gehalts zu, erklärte Martin Schimke,
Fachanwalt für Sport- und Arbeitsrecht, im Gespräch der Deutschen
Presse-Agentur. An diese Regeln müssten sich auch die Fußballclubs
halten. 

«Auch über diese Schutzfristen hinaus sieht das Mutterschutzgesetz
allgemeine und individuelle Beschäftigungsverbote vor, die
Profifußballerinnen betreffen können», sagte Schimke. «Der
Arbeitgeber muss dabei dafür sorgen, dass ihre Tätigkeit die Frau und
ihr Kind nicht unverantwortlich gefährdet». Für Spielerinnen, die
nicht bei einem Verein unter Vertrag stehen, gelte der
arbeitsrechtliche Schutz aber dementsprechend nicht.

Davon ist diesmal auch die zurzeit vertragslose Torhüterin Almuth
Schult betroffen. «Ich hatte mich eigentlich schon im Dezember mit
einem Club geeinigt, bin dann aber offen damit umgegangen, dass ich
schwanger bin, und wir waren uns dann darüber einig, dass wir den
Vertrag jetzt nicht unterschreiben», sagte die Nationalspielerin im
Interview der «Funke Mediengruppe». «Ich denke nicht, dass mich ein
Verein unter Vertrag nimmt, solange ich noch nicht wieder spielen
kann.» 

Dass sie das als ehemalige deutsche Nummer eins nicht ganz so hart
trifft wie andere Spielerinnen, weiß Schult auch. «Andere
Sportlerinnen hätten in meiner Situation eventuell vor dem Nichts
gestanden», sagte die zuletzt in den USA beschäftigte Keeperin. «Es
ist immer noch so, dass der Sport nicht darauf vorbereitet ist,
sondern, dass die Mütter darum kämpfen, dass es Normalität wird und
sie ihre Rechte erstreiten müssen.»

Der Deutsche Fußballbund verweist in puncto Mutterschutz in erster
Linie auf das staatliche Arbeitsschutzgesetz. «Eventuelle
Sondervereinbarungen der Vereine mit ihren angestellten Spielerinnen
obliegen den Clubs», sagte Annette Seitz, Frauenfußball-Referentin
beim DFB. Der DFB wolle aber zukünftig einen Fokus darauf setzen, die
Bedingungen für Mütter vor allem nach der Schwangerschaft zu
verbessern und die Rückkehr auf den Platz zu erleichtern. «Dabei
möchten wir zunächst für unsere Nationalmannschaft einen
verbindlichen Rahmen festlegen», sagte Seitz. In einem weiteren
Schritt wolle man Regelungen dann auch mit den Vereinen besprechen.
Konkrete Ergebnisse gebe es aber bislang nicht.

Einen Grund dafür, dass Mütter ihre Fußballkarrieren trotz des
geregelten Mutterschutzes selten auf hohem Niveau fortsetzen, sieht
VDV-Geschäftsführer Baranowsky bei der nach wie vor relativ geringen
Ertragssituation der Profifußballerinnen. «Ziel muss es daher sein,
diesen Bereich weiter zu professionalisieren und besser zu
vermarkten, damit höhere Einnahmen erzielt und bessere Gehälter
gezahlt werden können», sagte Baranowsky. «Das würde den Beruf fü
r
Mütter sicherlich attraktiver machen.»