Notärzte kritisieren mehr Missbrauch des Notrufs für Bagatellen

Koblenz (dpa) - Notärzte beklagen mehr Missbrauch der Notrufnummer
112 für Bagatellen. Die «Gesundheitskompetenz der Bevölkerung» habe

offensichtlich nachgelassen und viele Ältere fühlten sich hilflos,
sagte der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften
der Notärzte Deutschlands, Florian Reifferscheid, am Donnerstag in
Koblenz auch mit Blick auf den demografischen Wandel. Viele riefen
daher den Notruf an statt niedergelassene Ärzte oder Pflegedienste,
ergänzte er am Rande des Deutschen Interdisziplinären
Notfallmedizin-Kongresses mit rund 1700 Teilnehmern - überwiegend vor
Ort oder auch online dazugeschaltet.

Die Telefonnummer 116117 des kassenärztlichen Notdienstes ist laut
Reifferscheid immer noch zu wenig bekannt. Sie habe einen schlechten
Ruf wegen langer Wartezeiten. Diese müssten verkürzt werden, um
«Übersprungshandlungen» frustrierter Anrufer zur 112 zu verhindern.


Die Chefärztin der Klinik für Notfallmedizin am Evangelischen
Krankenhaus Köln-Kalk, Sylvia Schacher, verwies auf die jüngsten
Reformvorschläge einer Expertenkommission für die Bundesregierung,
die unter anderem neue integrierte Leitstellen vorsehen. Wer dann im
Notfall 112 oder 116117 wählt, soll zunächst eine telefonische oder
telemedizinische Einschätzung bekommen. Das Personal könnte einen
Rettungswagen rufen oder aber auch einen Termin in einer Arztpraxis,
einer Notdienstpraxis oder einer Notaufnahme buchen.

Mit Blick auf die Klagen von Notärzten und Rettungsdiensten über hohe
Einsatzzahlen und Personalmangel sagte Chefärztin Schacher: «In
Notfallaufnahmen gibt es noch keine Personaluntergrenzen.» Das führe
oft zu einer Überlastung der Mitarbeiter. Auf Intensivstationen
dagegen sei eine Mindestzahl von Personal vorgeschrieben.