24-Jähriger gesteht Schüsse auf 31-Jährigen in Kiel Von Karen Katzke, dpa

Bei einem Streit in einem Kieler Problemviertel wird ein Mann
erschossen. Ein 24-Jähriger steht seit Montag wegen Mordvorwurfs vor
Gericht. Er bestreitet eine Tötungsabsicht. Im Zuschauerraum gibt es
Drohungen und Beschimpfungen.

Kiel (dpa/lno) - In dem Prozess um den gewaltsamen Tod eines Mannes
in Kiel hat der Angeklagte zum Prozessauftakt vor dem Landgericht
gestanden, auf das Opfer geschossen zu haben. Eine gezielte Tötung
des 31-Jährigen bestritt der Mann jedoch. «Ich wollte ihn auf jeden
Fall nicht töten», sagte der albanische Angeklagte. Er bereue die Tat

und entschuldige sich dafür. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann
heimtückischen Mord vor.

Der Mann schoss laut Anklage am 27. Juni 2022 kurz vor Mitternacht im
Kieler Problemstadtteil Gaarden fünf Mal auf sein Opfer. Tatmotiv
soll laut Anklage Rache für eine Beleidigung des jüngeren Bruders des
Angeklagten durch das Opfer gewesen sein. Der 31 Jahre alte Mann
starb an zwei Brustdurchschüssen. 

Hintergrund des blutigen Geschehens sollen Drogendealereien und
Streit um die Vorherrschaft im Stadtteil Gaarden gewesen sein. Der
31-Jährige soll Stunden vor den Schüssen den jüngeren Bruder des
Angeklagten - er rauchte einen Joint auf einem Parkdeck - aus Gaarden
verwiesen und erklärt haben: «Gaarden gehört uns». Dabei soll e
r nach
dem Angeklagten verlangt haben. 

Als der das spätere Opfer schließlich spätabends «zufällig»
 in
Kiel-Gaarden traf, habe er gehofft, die Auseinandersetzung mit Worten
beilegen zu können, sagte der Angeklagte. Er bestritt, dass er zuvor
gezielt nach dem Mann gesucht habe, um Rache zu nehmen. Bei dem
Zusammentreffen sei der 31-Jährige sofort provozierend auf ihn
zugekommen, eine Hand in der Tasche, die andere habe nach seinem Arm
gegriffen, sagte der Angeklagte.

Er habe befürchtet, der Mann wolle ihn mit einem Messer attackieren.
Schon früher sei er von ihm mit einem Messer bedroht worden. Aus
Angst habe er vier Mal geschossen - aus einer Entferung von etwa
einem Meter. Er sei geflohen, als er sah, dass das Opfer stürzte. Der
24-Jährige wurde nach intensiver öffentlicher Fahndung in
Gelsenkirchen gestellt. Er sitzt in Untersuchungshaft. 

Im Zuschauerraum kam es mehrfach zu Beschimpfungen und Beleidigungen
des Angeklagten. Die Mobile Einsatzgruppe der Polizei schritt ein und
stellte Personalien sicher. Der Getötete ist Deutscher mit türkischen
Wurzeln. Seine Eltern saßen als Nebenkläger im Saal. Auch sie
versuchten die Zuhörer zu beschwichtigen, als diese deutliche
Drohungen und Verwünschungen gegen den Angeklagten ausstießen. 

Das Gericht hat bis Anfang April zehn Verhandlungstage festgesetzt.
Neben den Aussagen von 18 Zeugen, darunter auch viele Augenzeugen der
Tat, werden auch ein psychiatrisches und ein rechtsmedizinisches
Gutachten erwartet. Der Psychiater soll zur Schuldfähigkeit des
Angeklagten gehört werden. Der 24-Jährige will vor der Tat unter
anderem Kokain genommen haben und dadurch enthemmt gewesen sein.