Prozess wegen Corona-Ausbruchs in Pflegeheim startet Von Christina Sticht, dpa

Eine Heimmitarbeiterin soll mit einem gefälschten Impfpass zur Arbeit
gegangen sein. Dass sie sich mit Corona angesteckt hat, weiß die Frau
zu diesem Zeitpunkt nicht. Die Frage im Prozess: Ist sie der
fahrlässigen Tötung schuldig?

Hildesheim (dpa/lni) - Besonders zu Beginn der Pandemie starben bei
Corona-Ausbrüchen in Pflegeheimen oft jeweils Dutzende Seniorinnen
und Senioren. Darauf folgten mehrfach Ermittlungen der zuständigen
Staatsanwaltschaften wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung, die
aber zum Beispiel in Wolfsburg oder Mannheim eingestellt wurden. Nun
muss sich von Dienstag (21. Februar) an nach einem Corona-Ausbruch
eine frühere Pflegeheimmitarbeiterin vor dem Landgericht Hildesheim
verantworten. Der 46-Jährigen wird fahrlässige Tötung, fahrlässige

Körperverletzung sowie Urkundenfälschung vorgeworfen.

Ob es sich bei dem Verfahren um den bundesweit ersten Prozess dieser
Art handelt, konnte ein Gerichtssprecher nicht sagen. Sicher ist: Der
Fall hat bundesweit Aufsehen erregt.

Die Pflegeheim-Beschäftigte soll mit der Vorlage eines gefälschten
Impfausweises eine doppelte Impfung gegen Covid-19 vorgetäuscht
haben. Sie hatte Ende November 2021 trotz einer Corona-Infektion im
familiären Umfeld zunächst weiter in dem Hildesheimer Heim als
sogenannte Alltagsbegleiterin arbeiten dürfen. Dies hatte ihr
Arbeitgeber erlaubt, weil er annahm, sie sei doppelt geimpft. Jedoch
soll die Frau unbemerkt selbst bereits mit Corona infiziert gewesen
sein und zunächst einen Kollegen angesteckt haben - es folgte eine
Kette von Infektionen. Bei dem Ausbruch starben drei 80, 85 und 93
Jahre alte Bewohnerinnen.

Laut Anklage ergaben die rechtsmedizinischen Untersuchungen, dass
Covid-19 im Falle der 80-Jährigen die Todesursache war. Bei den
anderen beiden mit Corona infizierten Toten seien andere Ursachen
nicht auszuschließen, in diesen Fällen wird der 46-Jährigen
fahrlässige Körperverletzung zur Last gelegt. Die Frau hat bisher die
Fälschung ihres Impfausweises zugegeben, aber abgestritten, für den
Corona-Ausbruch verantwortlich zu sein.

Für den Prozess sind nach Angaben des Landgerichts zwölf Zeugen und
drei Sachverständige geladen. Am ersten Verhandlungstag wird der
Angeklagten die Möglichkeit zu einer Einlassung gegeben, außerdem
sollen Zeugen aus dem betroffenen Heim gehört werden. Insgesamt sind
fünf Prozesstage angesetzt. Das Urteil könnte nach dieser Planung am
21. März gesprochen werden.