Revolutionär für Medizin und Technik - Röntgen stirbt vor 100 Jahren Von Angelika Resenhoeft, dpa

Was Professor Röntgen abends bei Experimenten im Labor in Würzburg
zufällig entdeckt, revolutioniert die Wissenschaft. 100 Jahre nach
seinem Tod durchleuchten Forscher mit den nach ihm benannten Strahlen
aber nicht nur Menschen.

Würzburg/München (dpa) - Das Foto von den Handknochen seiner Frau
Anna Bertha mitsamt Ring - sichtbar gemacht durch Röntgenstrahlen -
ist ein Meilenstein für ganz unterschiedliche Zweige der
Wissenschaft. 100 Jahre nach dem Tod von Wilhelm Conrad Röntgen sind
die von ihm entdeckten Strahlen, mit denen er die Hand
durchleuchtete, unverzichtbar - und längst nicht nur in der Medizin.
Forscher rekonstruieren mit ihrer Hilfe jahrhundertalte Morde, mit
hochintensiven Röntgenstrahlen lassen sich Viren entschlüsseln, und
Röntgenteleskope im Weltraum enthüllen energiereiche, kosmische
Prozesse etwa bei Schwarzen Löchern.

Die Entdeckung vor mehr als 127 Jahren in Würzburg führte zu einem
gänzlich neuen Zweig der Medizin: der Radiologie. Ungezählten
Menschen hat das Verfahren bisher geholfen. Röntgen erhielt 1901 den
ersten Nobelpreis für Physik.

«Wir haben eine zerstörungsfreie Einsicht in Strukturen», erklärt
Thorsten Bley, Direktor des Instituts für Diagnostische und
Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Würzburg, was
Röntgenstrahlen leisten können. «Das kann bei einer Mumie sein, das
kann auch bei einem technischen Gerät sein. Da kann dann geguckt
werden, ob die Verbindungen intakt sind, ob die Metalllegierung dicht
ist und keine Risse aufweist.»

Röntgenstrahlen sind extrem kurzwellige, energiereiche
elektromagnetische Strahlen, die viele Materialien durchdringen und
damit durchleuchten können. Sie sind für das Auge nicht sichtbar. Auf
einem Röntgenbild sind Knochen gut zu erkennen, Weichteile dagegen
nicht.

Heute ist die Aufnahme eines Röntgenbildes meist Routine, die
Strahlendosis viel geringer als früher. «Wir machen das immer nach
dem Prinzip: So wenig Röntgendosis wie möglich und gerade mal so viel

wie nötig», erklärt Bley, der täglich mit Röntgenstrahlen arbeite
t.
Nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz werden derzeit in
Deutschland schätzungsweise 130 Millionen Röntgenuntersuchungen pro
Jahr durchgeführt.

Röntgen - geboren am 27. März 1845 in Lennep, heute ein Stadtteil
Remscheids, gestorben am 10. Februar 1923 in München - entdeckte die
Strahlen zufällig, spätabends am 8. November 1895. Der
Wissenschaftler experimentierte in Würzburg mit elektrischen
Entladungen in einer nahezu luftleer gepumpten Glasröhre
(Kathodenröhre). Sein Laboratorium war dabei fast dunkel. Nur die
allgemein bekannten und mit bloßem Auge sichtbaren
Leuchterscheinungen in der Röhre erhellten den Raum schwach. Röntgen
umhüllte die Röhre mit schwarzem Karton. Und beobachtete, dass sich
ein entfernt stehender Leuchtschirm aufhellte.

Mehr noch: Als er seine Hand irgendwann später - er verbrachte etwa
sechs Wochen nahezu Tag und Nacht im Labor - zwischen Röhre und
Leuchtschirm hielt, sah Röntgen auf dem Schirm den Schatten seiner
Handknochen. So ungefähr soll es sich zugetragen haben an jenem Tag,
wie das Röntgen-Kuratorium Würzburg zusammengetragen hat.

Der Verein kümmert sich um die berühmte Wirkungsstätte des Physikers

mit Originaleinrichtung und -geräten in Würzburg. Sogar Röntgens
Schreibtisch steht noch in seinem alten Labor in den Uniräumen.

Röntgenstrahlen revolutionierten seither viele Bereiche der
Forschung. Aus der medizinischen Diagnostik sind sie nicht mehr
wegzudenken - in Computertomographen (CT) werden damit Menschen
scheibchenweise durchleuchtet. Neueste Entwicklung in diesem Bereich
ist nach Worten von Bley der photonenzählende Computertomograph.
Dieser liefert noch mehr Information und ermöglicht präzisere
Diagnosen. «Das ist phänomenal. Ich bin jedes Mal erneut von der
Präzision begeistert, wenn ich diese Bilder sehe.» Bley arbeitet nach
eigenen Angaben mit einem der ersten 20 dieser Geräte, die weltweit
installiert wurden.

Doch nicht nur für die Untersuchung von Lebenden eignen sich
CT-Geräte. Ein internationales Team durchleuchtete für eine Studie
mit dem speziellen Röntgenverfahren drei Mumien aus dem
präkolumbianischen Südamerika, die seit dem späten 19. Jahrhundert in

europäischen Museen aufbewahrt werden.

Die CT-Scans mit der Möglichkeit zur 3D-Rekonstruktion böten
einzigartige Einblicke in den Körper, erklärt Andreas Nerlich,
Mitautor der Studie und Leiter der Pathologie am Münchner Klinikum
Bogenhausen. Früher hätte die Mumie für eine solche Untersuchung
zerstört werden müssen; mit herkömmlichen Röntgen oder älteren
CT-Scans sei eine so detaillierte Diagnostik nicht möglich. Ergebnis
der Arbeit: Die Forscher konnten zeigen, dass die Menschen ermordet
wurden.

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