Millionenschwerer Steuerbetrug bei Masken - Mehrjährige Haftstrafen

Der Bund sucht zu Beginn der Corona-Pandemie dringend Schutzmasken.
Ein Autohändler liefert mit seinem Partner und seinem Bruder 23
Millionen Stück. Das Landgericht Hamburg lobt den Unternehmergeist,
bestraft sie aber wegen Steuerhinterziehung.

Hamburg (dpa/lno) - Für die Beschaffung von 23 Millionen
Corona-Schutzmasken im Frühjahr 2020 bekommen drei Angeklagte vom
Landgericht Hamburg Lob - für den folgenden Steuerbetrug jedoch
mehrjährige Haft. Wegen bandenmäßiger Hinterziehung von 4,5 Millionen

Euro an Steuern verurteilt das Gericht sie am Mittwoch zu drei bis
viereinhalb Jahre Gefängnis. Ein mitangeklagter Steuerberater erhält
wegen Beihilfe zu einer versuchten Umsatzsteuerhinterziehung eine
Bewährungsstrafe von elf Monaten. Der fünfte Angeklagte, ein
Rechtsanwalt, wird wegen zwei Fällen der Hinterziehung von
Schenkungssteuer zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Der Hauptangeklagte, ein vielfach vorbestrafter Kfz-Händler, war nach
Angaben des Vorsitzenden der Strafkammer zusammen mit einem
Geschäftspartner auf eine sogenannte Open-House-Ausschreibung des
Bundesgesundheitsministeriums aufmerksam geworden. Demnach erklärte
das Ministerium im Frühjahr 2020, für jede gelieferte FFP2-Maske 2,50
Euro und für jede OP-Maske 16 Cent zu zahlen. Die beiden inzwischen
31 und 32 Jahre alten Angeklagten boten die Lieferung von 20
Millionen FFP2- und 3 Millionen OP-Masken an - und bekamen den
Zuschlag.

Zu dem Zeitpunkt hätten sie weder über Masken noch finanzielle Mittel
oder Kontakte zu Lieferanten verfügt. Auch Expertise habe ihnen
gefehlt, sagte der Vorsitzende Richter Kai-Alexander Heeren. Dennoch
hätten sie die Masken aus China beschafft und geliefert. Das
Bundesgesundheitsministerium habe dafür 109 Millionen Euro gezahlt,
davon 17 Millionen an Umsatzsteuer. Der Richter fand lobende Worte
für den Unternehmergeist der Angeklagten: «Das ist schon eine
hervorragende Leistung, wenn man bedenkt, dass die Angeklagten nichts
hatten.» Er beschrieb ihr Vorgehen mit dem Bild des Frosches in einer
Milchkanne, der sich bewegt und Käse herstellt.

Da die Lieferanten von den Angeklagten Sicherheiten forderten, hätten
sie über einen befreundeten Anwalt ein Treuhandkonto bei einem Notar
angegeben. Darauf habe das Ministerium schließlich auch das Geld in
Teilbeträgen von Juni bis Dezember 2020 gezahlt.

Nach dem Erhalt des Geldes hätten der Hauptangeklagte, sein
Geschäftspartner und sein 23 Jahre alter Bruder die fälligen
Vorsteuern auf die Umsatzsteuer nicht bezahlt und das Geld
stattdessen in Autos und andere Dinge investiert. Dem befreundeten 46
Jahre alten Anwalt schenkten sie ein Luxusauto, wofür dieser keine
Schenkungssteuer entrichtete. Als die Angeklagten von einem
Strafverfahren erfuhren, versuchte der 31 Jahre alte Steuerberater,
für sie falsche Rechnungen beim Finanzamt einzureichen. Inzwischen
seien alle Steuerschulden beglichen.

Der Anwalt gestand nach Angaben des Richters die Hinterziehung der
Schenkungssteuer in Höhe von mehreren zehntausend Euro. Eine
Beteiligung an der Steuerhinterziehung beim Maskengeschäft habe man
ihm nicht sicher nachweisen können. Er wurde darum in diesem
Anklagepunkt freigesprochen. Das Maskengeschäft als solches sei auch
legal gewesen, betonte der Richter. Für die Unschuld des Anwalts in
diesem Punkt spreche auch sein Verhalten nach einem
Erpressungsversuch. Ein Dolmetscher der Steuerfahndung habe von ihm
eine Million Euro verlangt, weil er glaubte, der afghanischstämmige
Jurist habe sich in einem Telefonat als Tatbeteiligter verraten. Der
Anwalt habe den Erpressungsversuch aber sogleich bei der Polizei
angezeigt.

Der hauptbeschuldigte Autohändler ist nach Angaben von Heeren
vielfach vorbestraft. Er habe unter anderem Leute beauftragt, die
vermeintliche Schuldner mit Waffen bedrohten. Zudem habe er
Verkehrsunfälle provoziert, um Versicherungen zu betrügen, und
Urkunden gefälscht. Weil er in der Zwischenzeit von einem Amtsgericht
wegen einer anderen Straftat verurteilt wurde, bildete das
Landgericht am Mittwoch eine Gesamtstrafe von sechs Jahren und neun
Monaten Haft.

Der Prozess hatte bereits am 17. Dezember 2021 begonnen. Die
Beteiligten kamen zu mehr als 40 Terminen zusammen. Das Urteil ist
noch nicht rechtskräftig.