Blutspender dringend gesucht - Massiver Mangel bei Blutkonserven Von Marc Herwig, dpa

Der Vorrat an Blutkonserven für die Krankenhäuser in NRW hat einen
Tiefstand erreicht. Von einem «Notstand» spricht das Rote Kreuz
bereits. Dabei könnte der Mangel in den nächsten Jahren sogar noch
deutlich gravierender werden.

Ratingen (dpa/lnw) - Wenn ein Krankenhaus Blutkonserven für einen
Patienten braucht, geht es oft um Leben und Tod. Doch die Lager beim
DRK-Blutspendedienst, dem größten Versorger in Nordrhein-Westfalen,
sind fast leer. «Bei einigen Blutgruppen erhalten die Kliniken im
Moment nur noch die Hälfte dessen, was sie bei uns anfordern», sagt
Stephan David Küpper vom Blutspendedienst West in Ratingen. Noch
könnten Ärzte mit ein bisschen Improvisationstalent die Sicherheit
der Patienten gewährleisten, sagen Fachleute. Aber ein langfristiger
Trend macht ihnen Sorgen: Die Spendebereitschaft in der Bevölkerung
sinkt kontinuierlich und der Mangel wird größer.

Es gibt Zeiten im Jahr, in denen die Situation traditionell besonders
angespannt ist. Im Sommer sind viele treue Stammspender im Urlaub. Im
Winter ist Schnupfenzeit, und wer krank ist, darf kein Blut spenden.
Doch in der aktuellen Grippewelle sei es besonders schlimm.

Der DRK-Blutspendedienst West hat nach eigenen Angaben nur noch so
viele Blutkonserven auf Lager, wie die Krankenhäuser innerhalb eines
Tages für ihre Patienten verbrauchen - etwa bei Operationen, in der
Krebstherapie oder bei Unfallopfern. Mit diesem Lagerbestand sei eine
«absolut rote Linie» erreicht, warnt Küpper. Eigentlich müssten
Konserven für fünf Tage auf Lager sein. «Die Krankenwelle sorgt für

einen Notstand beim Blutspenden.»

Die großen Kliniken im Westen, die auch eigene Blutspendezentren
haben, kämpfen mit den gleichen Problemen. «Man darf sich da keine
Illusionen machen: Wir werden in Zukunft noch wesentlich häufiger
solche Mangelsituationen bei Blutprodukten haben», sagt Peter Horn,
Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin der Universitätsklinik
Essen. Wenn der Mangel einmal zu groß werden sollte, müssten in einem
ersten Schritt nicht-lebensnotwendige Operationen verschoben werden.
Im schlimmsten Fall könne es aber auch dazu kommen, «dass wir bei
einer großen Katastrophe nicht mehr versorgungsfähig sind».

Die geburtenstarken Jahrgänge, in denen es noch mehr treue
Blutspender gab, würden älter und von Blutspendern tendenziell zu
Blutempfängern. «Gleichzeitig stellen wir bei jungen Leuten ganz
eindeutig eine niedrigere Spendenbereitschaft fest», sagt der
Professor für Transfusionsmedizin.

Insgesamt spenden nur drei Prozent der spendefähigen Bevölkerung auch
tatsächlich Blut. In den Städten sind es noch deutlich weniger als
auf dem Land. Das verschärft die Lage in Nordrhein-Westfalen
zusätzlich: In den Ballungsräumen wird weniger Blut gespendet,
gleichzeitig gibt es dort viele große Kliniken, die auch noch
besonders komplizierte Fälle behandeln. «Wir brauchen grundsätzlich
mehr Menschen, die durch ihre regelmäßige Blutspende Verantwortung
für Patienten übernehmen», betont DRK-Sprecher Küpper.

Deshalb ringt die Branche um gute Ansätze, um vor allem junge
Spenderinnen und Spender zu werben. Blutspendedienste werden
digitaler, entwickeln eigene Apps. In den sozialen Netzwerken wird
das Thema stärker emotionalisiert - etwa indem die Geschichten von
jungen Menschen erzählt werden, denen die Blutspende das Leben
gerettet und eine neue Zukunft geschenkt hat. Die Uniklinik
Düsseldorf umwirbt junge Spender mit kleinen Geschenken: Neuspender
bekommen einen Kinogutschein, regelmäßige Spender eine kleine
Aufwandsentschädigung. Doch Blutspenden gegen Geld sind in der
Branche umstritten.

Das Rote Kreuz mit seinem großen Blutspendedienst setzt auch auf die
Unterstützung von Politik und Unternehmen. Wenn Beschäftigte für ihre

Blutspende eine Zeitgutschrift vom Chef bekämen, wäre das ein Anreiz,
sagt DRK-Sprecher Küpper. «Wir nehmen den Menschen ja nicht nur einen
halben Liter Blut ab, sondern vor allem auch etwas Zeit.»
Krankenkassen könnten eine Blutspende im Rahmen ihrer Bonusprogramme
honorieren. Und in den Schulen könnte das Thema im Biologieunterricht
einen festen Platz bekommen, schlägt er vor.

Die NRW-Landesregierung verweist hingegen darauf, dass laut Gesetz
die Blutspendedienste verantwortlich für die Versorgung der
Bevölkerung mit Blutprodukten seien. Die Regierung unterstütze das -
so hätten Regierungsmitglieder in Briefen an Kommunen und an
Unternehmen im Land dafür geworben, Räumlichkeiten für
Blutspende-Aktionen zur Verfügung zu stellen. «Grundsätzlich sieht
das Ministerium die Versorgung der Bevölkerung mit Blut als gesichert
an», sagt eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums.

Die Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und der
Arbeitskreis Blut beim Robert Koch-Institut verfolgen das Ziel, mehr
valide Daten zur Versorgung mit Blutprodukten zu sammeln - auch um
der Politik so die Dringlichkeit des Themas deutlich zu machen.

Letztlich müsse aber vor allem Überzeugungsarbeit bei jedem einzelnen
potenziellen Blutspender geleistet werden, sagen die Fachleute. Horn
wünscht sich dafür zum Beispiel, dass Blutspender ganz konkret
erfahren, wofür ihr Blut eingesetzt wird. «Wenn man weiß: Meine
Blutspende hat gerade einem Krebspatienten bei einer Operation das
Leben gerettet, dann wird klar, was für ein lebensspendendes,
lebensrettendes Geschenk es ist.»

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