Köpping: Neue Pandemien werden neue Fragestellungen aufwerfen

Der frühere Corona-Hotspot Sachsen gehört Ende 2022 zu den Ländern
mit der geringsten Inzidenz. Die Bilder überfüllter Intensivstationen
und Krematorien sind Geschichte. Die Aufarbeitung dauert an.

Dresden (dpa/sn) - Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD)
blickt mit gemischten Gefühlen auf die Corona-Pandemie zurück und
sieht trotz einiger Erfolge noch Baustellen. «Zum Teil haben wir die
richtigen Lehren gezogen. Man sollte nicht alles schlecht reden, was
in dieser Zeit entschieden wurde», sagte sie im Gespräch mit der
Deutschen Presse-Agentur. Es gebe aber noch offene Fragen. Als
Beispiel nannte sie etwa einen ausreichenden Vorrat an Medikamenten
und Schutzausrüstungen. Zudem sprach sie sich für ein Impfregister
aus. «Wir brauchen eine Übersicht zum Impfstatus, um besser reagieren
zu können. Es wird weitere Pandemien geben.»

Köpping widersprach der Ansicht, in der Pandemie hätten Bundesländer

ihr eigenes Süppchen gekocht. «Mit dem Infektionsschutzgesetz gab es
eine gemeinsame Entscheidungsgrundlage. Da hat nicht jeder gemacht,
was er wollte.» Sie habe es für richtig gehalten, dass die Länder je

nach Lage und Impfquote auch eigene Entscheidungen trafen.
«Basismaßnahmen wie die Maskenpflicht oder die Isolationspflicht
sollten aber einheitlich geregelt werden. Ein Flickenteppich an
Maßnahmen ist den Menschen hier nicht zu vermitteln.»

«Schwierig war, dass sich unterschiedliche Gremien damit befassten»,
betonte die Ministerin. Die Länderchefs und die Gesundheitsminister
hätten auf eigenen Konferenzen Beschlüsse gefasst. Je mehr
Institutionen eingriffen, desto schwieriger sei es auch mit der
Umsetzung geworden. Dabei habe die Expertise vor allem bei
Gesundheitsministern und ihren Fachleuten gelegen.

Die Ministerin ging auch auf die geringe Impfquote ein. Sachsen nimmt
in der Deutschland-Statistik den letzten Platz ein. Nur 65 Prozent
der Menschen im Freistaat haben eine Grundimmunisierung, bundesweit
sind es 76,3 Prozent. Sie sei oft von ihren Kolleginnen und Kollegen
in den Ländern wieder nach der Ursache gefragt worden. «Dort, wo die
Unterstützung für die Impfung wie in den Großstädten gut war, gab e
s
auch gute Zahlen. Doch wir hatten viel Gegenwind.»

Noch heute würden aus den Reihen der AfD krude Dinge über die Impfung
gesagt, sagte Köpping. Bei Social Media seien viele Falschmeldungen
und Verschwörungstheorien im Umlauf gewesen. Das habe eine Aufklärung
mitunter sehr schwer gemacht. Das Sozialministerium habe mit einer
Vielzahl von Aufklärungsaktivitäten verlässliche Informationen
geliefert. Dazu gehörten auch Live-Formate mit Experten in den
sozialen Medien, bei denen Fragen beantwortet wurden.

«Im Nachhinein kennen wir den Weg dieser Pandemie, wir kennen das
Virus besser, wenn auch noch nicht komplett. Wir wissen aber, dass es
sich verändert - inzwischen zu einer hochansteckenden Variante, die
aber nicht mehr zu ganz schweren Verläufen führt», sagte Köpping. D
as
alles habe man Beginn der Pandemie nicht gewusst. Mit all den in der
Corona-Krise gemachten Erfahrungen können man sich auf weitere
Pandemien besser vorbereiten. «Aber auch bei einer neuen Pandemie
werden wir wieder vor neuen Fragestellungen und Problemen stehen.»

Köpping warnte davor, nun alle Maßnahmen im Rückblick in Bausch und
Bogen zu verdammen. «Wenn man eine Nachbetrachtung vornimmt, muss man
alle Faktoren berücksichtigen. Wir haben mit unseren 60 Corona-
Verordnungen immer versucht, die Regeln an die Lage und neue
wissenschaftliche Erkenntnisse anzupassen. Bei uns waren viele
Intensivstationen überlastet, dort haben Menschen um ihr Leben
gerungen.» Aus heutiger Sicht sei die eine oder andere Maßnahme als
falsch zu bewerten - etwa die Schließung von Schulen und
Kinderspielplätzen. «Damals wusste man aber nicht, ob die Kinder eine
besonders gefährdete Personengruppe sind.»