Impfpflicht in Heimen und Kliniken: Vielfach Verzicht auf Bußgelder

Die Impfpflicht für Beschäftigte in der Gesundheitsbranche sollte die
Corona-Infektionen etwa in Pflegeheimen verringern. Doch nun zeigt
sich, dass die Kommunen in Thüringen bei Bußgeldern eher
zurückhaltend gewesen sind.

Erfurt (dpa/th) - In Thüringen verzichten erste Kommunen bei der
Impfpflicht für Beschäftigte in der Gesundheitsbranche inzwischen auf
weitere Bußgeldbescheide. «Nach unserer Kenntnis haben die Stadt Jena
und der Kreis Schmalkalden-Meiningen die Verfahren im Rahmen der
einrichtungsbezogenen Impfpflicht beendet», erklärte die Sprecherin
des Gesundheitsministeriums, Silke Fließ.

Die Stadt Jena hatte einem Sprecher zufolge Ende November einen
Schlussstrich unter die Anhörungen zur einrichtungsbezogenen
Impfpflicht gezogen. «Von uns wird in dieser Sache künftig nichts
mehr kommen», sagte Sprecher Kristian Philler.

Angesichts der angespannten Personalsituation habe sich die
Stadtverwaltung darauf konzentrieren müssen, an anderer Stelle in
Infektionsketten einzugreifen. Zudem hätten Experten die Einhaltung
von Hygienerichtlinien im Kampf gegen Corona als deutlich effektiver
bewertetet als die Übertragungsgefahr zwischen Personal und
Patienten. Die Stadt habe ohnehin keine Bußgeldbescheide ausgestellt,
sondern bisher nur Anhörungen verschickt.

Der Landkreis Schmalkalden-Meiningen stellte ebenfalls die laufenden
Bußgeldverfahren dazu ein. Landrätin Peggy Greiser bezeichnete das
Instrument als «zahnloses Bürokratiemonster». Sie wies zudem darauf
hin, dass die Impfung bei der aktuell vorherrschenden Variante zwar
vor schweren Verläufen, aber nicht vor einer Weitergabe des Virus
schütze.

Wie problematisch die Datenlage zuweilen ist, zeigt das Beispiel der
Stadt Erfurt: Dort waren einem Sprecher zufolge bis Ende November 964
Meldungen über Mitarbeiter ohne ausreichenden Immunitätsnachweis
eingegangen. Nachdem Aufforderungsschreiben versendet wurden, wurden
652 Fälle eingestellt. In 225 Fällen wurden die Ergebnisse an die
Bußgeldstelle übergeben, in 39 schließlich Bußgeldbescheide
verschickt. «Inwieweit die einrichtungsbezogene Impfpflicht oder
unser Aufforderungsschreiben zur Impfbereitschaft beigetragen haben,
lässt sich nicht belegen», hieß es von der Stadt.

Im Kreis Hildburghausen wurden und werden laut einem Sprecher keine
Bußgeldbescheide verschickt, weil die zu treffenden Maßnahmen die
Kapazitäten überfordert hätten. Der Kreis sei seiner gesetzlichen
Pflicht zwar nachgekommen, verweist aber in seiner Grundhaltung auf
die Position der Landesärztekammer, die anhand des aktuellen Verlaufs
der Pandemie für eine Aussetzung der Impfpflicht plädiert hatte.

Im Wartburgkreis wurden bei mehr als 1100 gemeldeten Menschen
ebenfalls keine Bußgeldbescheide erlassen. In der Begründung verweist
die Kommune neben dem «unverhältnismäßigen Ermittlungsaufwand» au
ch
auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Im Landkreis Nordhausen wurden
140 Bußgeldbescheide in Höhe von jeweils 250 Euro versandt. Auch dort
seien unter den Meldungen viele Fehlmeldungen gewesen, so ein
Sprecher.

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Beschäftigte in der
Gesundheitsbranche war eingeführt worden, um die
Corona-Infektionszahlen besonders in Pflegeeinrichtungen zu
verringern. Grundsätzlich sind alle Thüringer Kreise und kreisfreien
Städte dazu verpflichtet, die bundesweiten Vorgaben umzusetzen. Das
Land Thüringen hatte gemeinsam mit Bayern und Sachsen den Bund
aufgefordert, die einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht über den 1.
Januar 2023 hinaus zu verlängern.

Dem Ministerium zufolge waren bis Ende Oktober rund 13 900 Menschen
in Thüringer Pflegeeinrichtungen ohne Impfnachweis gemeldet. Bis zu
diesem Zeitpunkt seien in Thüringen rund 2100 Bußgeldverfahren
eingeleitet worden, Berufs- oder Tätigkeitsverbote seien nicht
verhängt worden.

In einer Handlungsempfehlung hatte das Ministerium den Kommunen
geraten, Bußgelder im «unteren Zehntel» des möglichen Bußgeldbetr
ages
- zwischen 150 bis 250 Euro - anzusiedeln. Im Infektionsschutzgesetz
sind Bußgelder bis zu einer Höhe von 2500 Euro vorgesehen.