NRW-Kinderkliniken am Limit - RS-Virus belastet Kinder und Personal

Die Kinderkrankenhäuser in Nordrhein-Westfalen schlagen Alarm: Zwei
heftige Krankheitswellen sorgen für volle Betten und überlastetes
Personal.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Viele Kinderkliniken in Nordrhein-Westfalen
klagen über eine starke Belastung aufgrund vermehrter
Lungen-Erkrankungen bei Kindern. Derzeit seien zwei Erkrankungswellen
feststellbar, sagte der Sprecher der Düsseldorfer Universitätsklinik,
Tobias Pott: «Eine RSV-Infektionswelle, die vor allem die ganz
Kleinen im ersten Lebensjahr trifft, sowie eine Grippewelle, die
vornehmlich den Kindern bis ins Grundschulalter massiv zu schaffen
macht.» Ein Höhepunkt der Infektionen mit Influenza und RSV sei
aktuell deutschlandweit nicht abzusehen, betonte Pott. In Düsseldorf
sei man zum Teil «maximal ausgelastet» und die Situation «maximal
angespannt.»

Erkrankungen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) verlaufen
meist harmlos. Insbesondere bei vorerkrankten Kindern könne eine
Infektion so schwer verlaufen, dass sie in eine Klinik eingewiesen
werden müssen, sagte Heymut Omran, Direktor der Klinik für Kinder-
und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Münster. Gerade bei
Säuglingen und Kleinkindern können lebensbedrohliche Zustände
eintreten. Auch ein langer Krankentransport könne je nach Zustand des
erkrankten Kindes bedrohlich sein, sagte Omran. In Münster sei man
allerdings bereits gezwungen gewesen, Kinder bis ins Ruhrgebiet zu
verlegen, weil alle Betten belegt waren.

Ein ähnlich dramatisches Bild zeichnet sich auch in Aachen und Köln
ab. Bisher habe die Universitätsklinik in Aachen alle Patienten
aufnehmen können, sagte ein Sprecher auf Anfrage der Deutschen
Presse-Agentur.

Im Rheinland seien phasenweise «alle Betten komplett voll»,
konstatierte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und
Jugendmedizin und Direktor der Kinderklinik im
Universitätskrankenhaus Köln, Jörg Dötsch. Sechs bis sieben Stunden

Wartezeit in der Notaufnahme seien ebenfalls keine Seltenheit. Dass
das eine sehr belastende Situation für die Familien der kleinen
Patienten und Patientinnen ist, sei keine Frage. «Es ist sehr
unangenehm, wenn Kinder und ihre Familien in der Notaufnahme quasi
campieren müssen», sagte Dötsch.

Die aktuelle Situation sei eine extreme Belastung für alle Seiten,
betonte Dötsch. Von einer Katastrophenmedizin sei man allerdings weit
entfernt: «Wir müssen nicht über Leben und Tod entscheiden.»
 
Auch Kinder- und Jugendärzte sind von den vermehrten Erkrankungen
betroffen. «Im ambulanten Bereich ist gerade «Land unter»», erklä
rte
Michael Achenbach vom Berufsverband Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in
Westfalen-Lippe. Vorsorgetermine würden abgesagt, um akut kranke
Kinder zu behandeln. Auch bei ihm dominierten RSV und Grippe, die
wenigen Corona-Fälle, die Achenbach und seine Kollegen und
Kolleginnen aktuell behandelten, liefen schon unter «ferner liefen».

Eine schnelle Linderung des Problems sei kaum denkbar, heißt es von
verschiedenen Stellen. «Die aktuelle Situation kommt mit jahrelanger
Ansage, niemand kann sagen, man habe es nicht gewusst», sagte Georg
Hülskamp vom Clemenshospital in Münster.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin fordert eine
bessere Finanzierung. Durch Sparmaßnahmen und Überbelastung hätten
insbesondere viele Pflegekräfte ihre Arbeitsplätze oder die Branche
verlassen. In Münster plane man im kommenden Jahr unter anderem mit
der Wiedereinrichtung einer auf Kinderkrankenpflege spezialisierten
Ausbildung.

Kinder- und Jugendarzt Axel Gerschlauer vom BVKJ Nordrhein sieht
derzeit zwei Probleme: Die verfrühte und ungewöhnlich starke
Infektionswelle mit viralen Atemwegserkrankungen und einen
politikverschuldeten Mangel an pädiatrischen Krankenhausbetten. Es
sei frustrierend und mache wütend, dass die Warnungen aus der Branche
jahrelang als das typische Arzt-Gemecker abgetan worden sei, beklagte
Gerschlauer. «So unglaublich das für Deutschland ist, aber die
ambulante und stationäre Versorgung ist für Kinder nicht mehr
gesichert. Kinder haben eben keine Lobby und die Kinderheilkunde
dadurch auch nicht.»

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