«Nieder mit Xi Jinping!»: Proteste gegen Corona-Maßnahmen in China Von Fabian Kretschmer, dpa
Die rigide Null-Covid-Politik hat in China zu den größten Protesten
seit Jahrzehnten geführt. Die Demonstranten fordern ein Ende der
Lockdowns. Von der Regierung gibt es wenig zu hören.
Peking (dpa) - In China hat die strenge Corona-Politik am Wochenende
zu den größten Protesten seit Jahrzehnten geführt. In der Hauptstadt
Peking und anderen Millionenstädten gingen Demonstranten zu Hunderten
auf die Straßen. Auch in Shanghai waren in der Nacht zum Sonntag vor
allem junge Leute zu einem Protestmarsch unterwegs. Auf Videos von
dort, die sich trotz staatlicher Zensur im Internet verbreiteten,
waren Rufe wie «Nieder mit der Kommunistischen Partei! Nieder mit Xi
Jinping!» zu hören. Unter dem jetzigen Staats- und Parteichef
verfolgt die Volksrepublik eine strikte Null-Covid-Strategie.
Solche offenen Proteste sind in dem autoritär regierten Riesenland
mit mehr als 1,4 Milliarden Einwohnern extrem ungewöhnlich. Für die
Menschen, die offen ihre Meinung äußern, sind sie überaus riskant.
Auslöser des öffentlichen Unmuts in mehreren Metropolen war der Brand
in einer Wohnung in der Millionenstadt Ürümqi im Nordwesten des
Landes am Donnerstagabend mit mindestens zehn Toten. Viele sind der
Meinung, dass die Rettungsarbeiten durch die strengen
Corona-Maßnahmen behindert wurden.
Trotz des harten Vorgehens der Behörden steigen die Corona-Zahlen
weiter an: Am Sonntag registrierte die nationale
Gesundheitskommission mit mehr als neuen 39 000 Fällen den vierten
Tag in Folge einen Rekordwert. Jede einzelne Ansteckung führt dazu,
dass ganze Wohnsiedlungen abgeriegelt und sämtliche Infizierte in
Quarantäne-Krankenhäuser gebracht werden. Während der Rest der Welt
mit dem Virus lebt, hält China an seiner Strategie fest. Auch nach
fast drei Jahren Pandemie sind die Grenzen weitestgehend geschlossen.
Auch auf dem Campus der Tsinghua-Universität in Peking - der Alma
Mater von Xi Jinping - versammelten sich am Sonntag mehrere Hundert
Studenten. Auf Videos war zu sehen, wie sie leere Blätter Papier in
die Luft hielten - aus Protest gegen die Repressionen, mit denen der
Staat gegen kritische Stimmen vorgeht. Eine junge Frau sagte: «Wenn
wir uns aus Angst nicht zu Wort melden, enttäuschen wir unser Volk.
Als Tsinghua-Studentin würde ich dies für den Rest meines Lebens
bereuen.» Die Menschenmenge entgegnete daraufhin euphorisch, dass sie
keine Angst haben solle.
Anderswo in Peking durchbrachen Bewohner in mehreren Nachbarschaften
Zäune ihrer Wohnanlagen und forderten ein Ende der Lockdowns. In
Shanghai kam es auch am Sonntag trotz viel Polizei und weiträumigen
Absperrungen wieder zu Protesten mit mehreren hundert Teilnehmern.
Auf Videos war zu sehen, wie Demonstranten abgeführt wurden. Bis auf
wenige Supermärkte sind praktisch alle Geschäfte in der Metropole
geschlossen. Die Straßen sind bis auf lange Schlangen vor
PCR-Teststationen menschenleer.
Zu Protesten kam es auch in Städten wie Wuhan, Chongqing und Ürümqi.
Bei dem Wohnungsbrand in Ürümqi in der Provinz Xinjiang waren
mindestens zehn Menschen getötet und weitere neun verletzt worden.
Etliche Anwohner kritisierten in sozialen Netzwerken, dass die
rigiden Corona-Maßnahmen den Kampf gegen das Feuer erschwert hätten.
Bewohnern sei die Flucht ins Freie durch abgeschlossene Wohnungstüren
erschwert worden.
Angesichts der steigenden Corona-Zahlen befindet sich China nach
Meinung von Beobachtern in einer Sackgasse. Die Gesundheitskommission
rechtfertigt sich damit, dass eine Öffnung viele Tote zur Folge
hätte. Auch Ärzte warnen, dass das Gesundheitssystem hoffnungslos
überlastet wäre, sollte sich das Virus frei verbreiten. Doch in der
Bevölkerung wächst der Ärger. Für den schnellen Anstieg werden die
neuen Omikron-Varianten verantwortlich gemacht, die sich leichter
verbreiten.
Die Regierung steht auch in der Kritik, weil deutlich wird, dass die
Behörden seit Ende 2019 die meisten Kapazitäten für ständige
Massentests und Lockdowns genutzt haben. Vorbereitungen für einen Weg
aus der Pandemie wurden nur unzureichend getroffen. Die Impfquote für
die Bevölkerung liegt bei rund 90 Prozent, doch gibt es ausgerechnet
bei den Alten erhebliche Impflücken: Nur 40 Prozent der Menschen über
80 haben bisher zwei Impfungen und einen Booster erhalten.
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