Neuer Fresenius-Chef will nach nächster Gewinnwarnung durchgreifen

Kurz nach seinem Antritt beim Gesundheitskonzern muss Michael Sen bei
den Geschäftszielen zurückrudern. Abermals belastet die
Dialysetochter FMC die Konzernmutter Fresenius. Nun sollen alle
Geschäfte auf den Prüfstand.

Bad Homburg (dpa) - Der neue Fresenius-Chef Michael Sen will nach der
zweiten Gewinnwarnung des Dax-Konzerns binnen weniger Monate
durchgreifen. Alle Aktivitäten kämen auf den Prüfstand, kündigte de
r
Manager am Montag an. «Wir bewerten alle Geschäfte, von oben nach
unten und in hoher Geschwindigkeit.» Das werde in mehr
Entschlossenheit resultieren. Währenddessen müssten die Kosten
sinken, um mit einem harten Umfeld zurechtzukommen. Man schaue auf
das gesamte Portfolio und prüfe die «Möglichkeiten und
Herausforderungen» in allen Märkten. Im dritten Quartal konnte das
Unternehmen aus Bad Homburg zwar den Umsatz steigern, der Gewinn fiel
aber deutlich.

Der Gesundheits- und Klinikkonzern müsse sich auf die Angelegenheiten
konzentrieren, die in «unserer eigenen Kontrolle liegen, auch genannt
Selbsthilfe», sagte Sen, der Fresenius seit Anfang Oktober lenkt. Die
Produktivität müsse steigen und das Unternehmen bei den Kosten
entschlossener werden. Konkrete Maßnahmen nannte er Manager nicht.
Schlüssel sei der Fokus auf Rentabilität.

Wegen schwieriger Geschäfte in Nordamerika mussten der Dialysekonzern
Fresenius Medical Care (FMC) und die Mutter Fresenius am Sonntagabend
die Geschäftsziele für dieses Jahr senken. FMC machen ein Mangel an
Pflegekräften in den USA, Lieferkettenprobleme sowie steigende Löhne
und Materialkosten zu schaffen. Auch alle anderen Fresenius-Bereiche,
besonders der Dienstleister Vamed, seien vom schwierigen
wirtschaftlichen Umfeld geprägt, hieß es. Erst Ende Juli hatten FMC
und in der Folge Fresenius die Ziele korrigieren müssen.

Sen erwartet für dieses Jahr nun einen Rückgang des
währungsbereinigten Konzernergebnisses um etwa zehn Prozent, nach
einem bisher angepeilten Minus im niedrigen bis mittleren
einstelligen Prozentbereich. FMC rechnet zudem mit einem Rückgang des
Nettogewinns währungsbereinigt und ohne Sondereffekte von bis zu 25
Prozent - nach bisher maximal minus 20 Prozent. «Wir konnten die Zahl
der offenen Stellen in unseren Dialysezentren reduzieren. Sie blieb
aber auf einem hohen Niveau», sagte FMC-Finanzchefin Helen Giza. Das
beeinflusse etwa das Wachstum im Dienstleistungsgeschäft.

Im dritten Quartal wuchs der Fresenius-Umsatz um 12 Prozent auf 10,46
Milliarden Euro, wie der Konzern am Sonntag weiter mitteilte. Der
Gewinn vor Sondereinflüssen fiel um 15 Prozent auf 371 Millionen
Euro. Bei FMC wuchs der Umsatz um 15 Prozent auf 5,1 Milliarden Euro,
während das Ergebnis um 16 Prozent auf 230 Millionen Euro einbrach.

Fresenius, Deutschlands größter privater Klinikbetreiber, steckt in
der Dauerkrise mit reihenweise Gewinnwarnungen. Der Konzern leidet an
den Folgen der Pandemie, in der viele Dialyse-Patienten sterben. Bei
FMC ist mit Carla Kriwet seit Oktober ebenfalls eine neue
Führungsspitze am Ruder. Sie betonte, man habe mit der Ausarbeitung
eines Turnaround-Plans begonnen, «zu dem auch eine Kultur der
Leistung und klaren Verantwortlichkeiten gehören wird».

Zuletzt hatte Fresenius bestätigt, Kontakt mit dem US-Hedgefonds
Elliott gehabt zu haben, der Berichten zufolge auf eine Aufspaltung
der komplexen Konzernstruktur dringen könnte. An der Aufstellung von
Fresenius mit den Sparten Dialyse, Flüssigarzneien, Kliniken und
Dienstleistungen gab es immer wieder Kritik von Investoren. Über fünf
Jahre haben Fresenius-Aktien gut zwei Drittel an Wert verloren.

Schon Ex-Fresenius-Chef Stephan Sturm hatte Börsengänge der
Kliniksparte Helios und der Dienstleistungssparte Vamed in Betracht
gezogen und sich offen für einen Verkauf des FMC-Anteils gezeigt, der
bei knapp einem Drittel liegt. Zu solchen Schritten kam es aber
nicht.

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