In Energie baden? Wenn das Saunieren zur Gewissensfrage wird Von Aleksandra Bakmaz und Steffen Trumpf, dpa
Es ist eigentlich ein harmloser Spaß: der Saunabesuch. Doch in Zeiten
der Energiekrise wird er zum Politikum. Zumindest der Branchenverband
hat eine klare Antwort.
Stuttgart/Helsinki (dpa) - Deutschland ist Sauna-Land, die Zahlen
sprechen für sich. Rund 30 Millionen Menschen in der Bundesrepublik
greifen regelmäßig zum Handtuch und lassen sich in den Holzkabinen
durchweichen. Rund 1600 Studien belegen, dass das Schwitzen die
Abwehrkräfte stärkt. Mit dem Deutschen Sauna-Bund sitzt auch der
größte Verband der Branche in der Bundesrepublik. Er ist von diesem
Dienstag an Gastgeber des Internationalen Sauna-Kongresses in
Stuttgart. Bei dem weltgrößten Branchentreffen steht ein Thema ganz
weit oben: die Energie.
Von einer Verteuerung teilweise bis zum Zehnfachen bei den
Energiepreisen, berichten Saunabetreiber dem Verbandschef Martin
Niederstein. Er spricht von schwierigen Zeiten für seine Branche. Die
Schließungen durch die Corona-Pandemie würden noch vielen in den
Knochen stecken. Jede Menge Personal sei in den vergangenen beiden
Jahren verloren gegangen. Und nun die Energiekrise.
«Durchschnittlich mussten die Preise in diesem Jahr um 13 Prozent
erhöht werden», berichtet Niederstein. Deshalb würden viele Betreiber
auch mit weniger Besuchern rechnen. Schleswig-Holsteins
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte gefordert, die Saunas im
Winter komplett kalt zu lassen, um Strom zu sparen. «Ich finde schon,
dass bestimmte Wellness-Angebote in diesem Jahr zu jener Art von
Luxus gehören, auf die man lieber freiwillig verzichten sollte»,
hatte Günther der «Welt am Sonntag» gesagt.
Dem hielt Niederstein entgegen: Das Saunabaden sei eine unheimlich
günstige Art der persönlichen Gesundheitsvorsorge. «Jeder Euro, der
hier investiert ist, wird nachher das öffentliche Gesundheitssystem
um ein Mehrfaches entlasten.» Deshalb sei es aus seiner Sicht
moralisch auch komplett vertretbar, in die Sauna zu gehen.
Christine Pesch betreibt mit ihrem Ehemann die Schwabenquellen in
Stuttgart. Im Herbst und Winter hat ihr großer Spa- und
Wasserbadkomplex Hochsaison. Die Stammgäste seien dankbar, dass es
die Schwabenquellen noch gebe, sagt Pesch mit Blick auf die
Corona-Pandemie. Die Mehrkosten durch die Energiepreise mussten die
Betreiber schon im Sommer auf die Eintrittspreise umlegen. Um
energieeffizienter zu sein, werde nun etwa anders gelüftet.
Die Branche sucht aber auch verstärkt nach Alternativen zu Gas oder
konventionellem Strom. Ein ökologischer Betrieb sei das Ziel, sagt
Verbandschef Niederstein. Wie es gehen könnte, macht die Universität
Stuttgart mit der Entwicklung einer sogenannten Null-Energie-Sauna
vor. Seit 2016 arbeiten Wissenschaftler an einer energieautarken
Familiensauna, die durch Integration von innovativer
Wärmespeichertechnik und Solarstrom einen CO2-neutralen Betrieb
ermöglicht. Die Wissenschaftler wollen auf dem Sauna-Kongress von
ihren Fortschritten berichten.
Bei einem mehrstündigen Saunagang liegt der Stromverbrauch im Schnitt
bei 6 bis 8 kWh. Zum Vergleich: Das entspricht einem Energieanbieter
zufolge 300 bis 400 Stunden Arbeit am Laptop. «Wer sich für gute und
hochwertige Dämmung sowie Lüftung entscheidet, kann im privaten
Bereich Strom sparen», sagt Markus Gäbele. Er ist der Leiter für
Entwicklung und Konstruktion bei der Firma Klafs, dem Weltmarktführer
beim Bau von Saunaanlagen.
Die Auftragsbücher seien auch in Zeiten der Energiekrise noch gut
gefüllt. Die Leute würden sich aber noch stärker informieren. Auf dem
Internationalen Sauna-Kongress will Gäbele über Energieeffizienz auch
in öffentlichen Saunabädern berichten - etwa durch regelmäßige
Wartung. Der Kongress findet zusammen mit der internationalen
Fachmesse für Schwimmbad, Sauna und Spa, der Interbad, statt.
Das Wasser für den Eröffnungsaufguss, um den sich Finnlands
Botschafterin Anne Sipiläinen kümmert, wurde den Veranstaltern
zufolge extra aus dem finnischen Tampere in die Schwabenmetropole
gebracht. Die finnische Saunakultur hat es 2020 in die Unesco-Liste
des immateriellen Kulturerbes geschafft hat.
Doch wie halten es die Finnen mit der Sauna in Zeiten der
Energiekrise? Die Regierung in Helsinki hat bereits dazu geraten,
besonders in den kalten Wintermonaten lieber zweimal zu überlegen, ob
und wie oft die elektrische Sauna angeschmissen wird.
Die Mehrheit der Menschen im nördlichsten Land der Europäischen Union
sauniert normalerweise mindestens einmal pro Woche. Angesichts der
stark gestiegenen Energiepreise sind auch sie sehr beunruhigt - nicht
zuletzt um den Betrieb ihrer geschätzten Schwitzstuben zu Hause.
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