Trotz Krieg: Selenskyj will die Fußball-WM - Die Nacht im Überblick

Während Kremlchef Wladimir Putin die Annexionen absegnet, träumt der
ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schon von der Ausrichtung
der Fußball-WM 2030, dann als EU-Land. Im Folgenden ein Überblick zum
Geschehen in der Nacht und ein Ausblick auf den Tag.

Moskau/Kiew (dpa) - Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj
richtet den Blick ungeachtet des Kriegs in seinem Land weit nach
vorn: Zusammen mit Spanien und Portugal will die Ukraine die
Fußball-Weltmeisterschaft 2030 ausrichten. Das kündigte Selenskyj am
Mittwochabend an. Kremlchef Wladimir Putin wiederum machte dem
Rückzug der eigenen Truppen zum Trotz mit seiner Unterschrift die
Annexion der besetzten Gebiete zumindest in Russland amtlich und
verstaatlichte nebenbei auch gleich noch das Atomkraftwerk
Saporischschja.

Selenskyj erklärt ukrainische Bewerbung für Fußball-Weltmeisterschaft


Selenskyj gab sich optimistisch bezüglich der Erfolgschancen für die
WM-Bewerbung. Es werde «sehr symbolisch sein, wenn drei Länder der
Europäischen Union - Spanien, Portugal und die Ukraine - gemeinsam
die Weltmeisterschaft ausrichten können», sagte er am Mittwoch in
seiner täglichen Videoansprache. Die Ukraine hat erst vor wenigen
Monaten den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten.

Auf das Kampfgeschehen ging Selenskyj nur am Rande ein. Er meldete
die Rückeroberung von drei weiteren Ortschaften im Gebiet Cherson und
nannte die jüngsten russischen Angriffe mit iranischen Kampfdrohnen
auf ukrainische Städte zwecklos. «Das hilft Euch schon nicht mehr.
Ihr habt schon verloren», wandte er sich an die russische Führung.
Diese könne ihre eigenen Soldaten nicht mehr motivieren, während die
Ukrainer wüssten, wofür sie kämpften, zeigte er sich überzeugt.

Der ukrainische Präsident rückte den geplanten Wiederaufbau in den
Fokus. Nach der Rückeroberung der ersten Gebiete im Donbass seien
dort die Zahlungen von Renten und Sozialleistungen aufgenommen
worden, sagte er und kündigte intensive Vorbereitungen für die
Bewältigung des «schwierigen Winters» an.

Putin annektiert per Dekret Europas größtes Atomkraftwerk

Unterdessen setzt Russlands Präsident Putin verwaltungstechnisch die
Aneignung der ukrainischen Gebiete Cherson, Donezk, Luhansk und
Saporischschja fort. Nachdem er zunächst am Mittwoch schon die
Ratifizierung der Annexion per Unterschrift abgesegnet hatte,
beauftragte er anschließend die Regierung in Moskau, das von seinen
Truppen besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja zu
verstaatlichen.

«Die Regierung ist angewiesen zu gewährleisten, dass Objekte zur
Nutzung von Atomenergie des Kernkraftwerks Saporischschja und anderes
für dessen Funktion notwendiges Eigentum in den staatlichen Besitz
übernommen werden», hieß es in dem am Mittwoch veröffentlichten
Dekret. Das AKW Saporischschja ist das größte Kernkraftwerk in
Europa. Russland kontrolliert das AKW faktisch seit Anfang März, als
Moskaus Truppen im Zuge des Angriffskriegs große Teile der Südukraine
besetzten. Das Kraftwerk ist in den vergangenen Monaten bei schweren
Kämpfen mehrfach unter Beschuss geraten und musste sogar
heruntergefahren werden. Die Ukraine und Russland geben sich
gegenseitig die Schuld für die Beschädigungen. Der Beschuss hat
international Sorgen vor einer atomaren Katastrophe ausgelöst.

Atomwaffen: Röttgen hält Einsatz für unrealistisch, Gabriel nicht

Der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen sieht einen möglichen Einsatz
von Atomwaffen durch Putin für unrealistisch an. «Ich halte es für
keine realistische Option von Putin», sagte Röttgen in der
ARD-Sendung «Maischberger». Alle Folgen wären für ihn desaströs.

Putin wäre völlig verloren und isoliert in der Welt und die Menschen
in Russland wollten nicht in einen Atomkrieg verstrickt werden.

Ex-Außenminister Sigmar Gabriel mahnte indes, Putins Aussagen ernst
zu nehmen. «Wir müssen Wladimir Putin beim Wort nehmen, wenn er sagt,
Russland sei bereit, Atomwaffen einzusetzen», sagte der SPD-Politiker
am Mittwochabend laut Mediengruppe Bayern (online Mittwoch/Print
Donnerstag) bei einer Veranstaltung in Passau. Wenn Putin eine
Atombombe einsetze, «dann sind wir im Krieg mit Russland».

Russen kaufen mehr Antidepressiva

Derweil ist auch die Stimmung in Russland trüb. So ist der Verkauf
von Antidepressiva in Apotheken zuletzt deutlich gestiegen. In der
Woche vom 19. bis 25. September sei der Absatz um 120 Prozent
gestiegen, meldete die Staatsagentur Tass am Mittwoch unter Berufung
auf Zahlen des Chemiekonzerns DSM. Putin hatte am 21. September die
Teilmobilmachung angeordnet und will nach offiziellen Angaben 300 000
Reservisten einziehen lassen, um nach den Niederlagen der russischen
Armee in der Ukraine die besetzten Gebiete zu halten.

OECD will Vorgespräche mit Ukraine über möglichen Beitritt führen

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(OECD) sieht die Ukraine als potenzielles Mitgliedsland.
OECD-Generalsekretär Mathias Cormann teilte am Mittwoch mit, es solle
zunächst Gespräche zu einem Beitritt geben. Danach solle der OECD-Rat
sich damit befassen, ob Beitrittsverhandlungen formell aufgenommen
werden. Die Ukraine hatte laut OECD darum gebeten, den
Aufnahmeprozess zur Industriestaatenorganisation zu starten. Über die
Verhandlungen über eine Aufnahme in die OECD sprach am Abend auch
Selenskyj. Ein Regionalbüro der Organisation werde noch bis
Jahresende in Kiew eröffnet, teilte er mit.

Was am Donnerstag wichtig wird

Der Chef der Internationalen Atombehörde, Rafael Grossi, wird am
Donnerstag in Kiew erwartet. Anschließend will der Argentinier auch
Moskau seinen Besuch abstatten. Grossi hatte angekündigt, im Laufe
der Woche beide Hauptstädte zu bereisen, um das Problem der
Atomsicherheit - speziell die Risiken rund um das umkämpfte
Atomkraftwerk Saporischschja - zu besprechen.

Militärbeobachtern zufolge haben die Ukrainer im Gebiet Luhansk ihre
Kräfte inzwischen umgruppiert und sind bereit zu weiteren Angriffen.
Bereits am Donnerstag könnte es Gefechte um die für den russischen
Nachschub wichtige Stadt Swatowe oder die Stadt Kreminna am Fluss
Siwerskyj Donez geben.

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