Umfrage: Lust am Arbeiten schwindet

Deutschland fehlen Fachkräfte: 1,9 Millionen offene Stellen gab es
nach Nürnberger Zahlen im Sommer. Den Arbeitnehmern ist nicht nach
Mehrarbeit zumute - im Gegenteil.

Hannover (dpa) - Einer steigenden Zahl von Menschen in Deutschland
vergeht nach einer neuen Umfrage die Lust am Arbeiten. Knapp die
Hälfte der Arbeitnehmer (48 Prozent) würde demnach in Teilzeit
wechseln, wenn ihr Arbeitgeber das erlaubte. Und 56 Prozent
erklärten, dass sie schnellstmöglich die Arbeit an den Nagel hängen
würden, wenn sie finanziell nicht auf den Job angewiesen seien. Das
hat das Umfrageinstitut Yougov für eine alljährliche Berufestudie
ermittelt, die der Versicherer HDI am Dienstag in Hannover
veröffentlichte. Die Demoskopen befragten im Juni und Juli 3891
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab 15 Jahren.

Vor Beginn der Corona-Pandemie 2019 hatten nur 41 Prozent gesagt,
dass sie bei ausreichenden Finanzen das Arbeiten am liebsten
einstellen würden. Mehr als drei Viertel sagten, dass sie die
Einführung der vier Tage-Woche in ihrer jeweiligen Firma begrüßen
würden, eine große Mehrheit allerdings nur bei vollem Lohnausgleich.

Die Bindung an die Arbeit nimmt demnach vor allem bei jungen
Arbeitnehmern ab: So sagten 58 Prozent der unter 25-Jährigen, dass
sie sich ein Leben ohne Beruf nicht vorstellen könnten - 2020 waren
es noch 69 Prozent gewesen.

Sowohl der Auftraggeber HDI als auch die Bundesagentur für Arbeit
sehen die Umfrage als Beleg des raschen Wandels der Arbeitswelt: «Es
verwundert nicht, dass die Anforderung von Unternehmen wie auch die
Erwartungen er Beschäftigten an ihr Arbeits- und Alltagsleben sich
rasant verändern», sagte Torsten Withake, Chef der
nordrhein-westfälischen Regionaldirektion der Bundesagentur für
Arbeit.

«Besonders junge Berufstätige in Deutschland streben den Ergebnissen
unserer Studie zufolge vehement nach mehr Freiräumen im Beruf»,
berichtete HDI-Deutschlandchef Christopher Lehmann.

Die Erwartungen der Arbeitnehmer stehen dabei im Gegensatz zu den
Anforderungen des Arbeitsmarkts. Nach Zahlen des Instituts für
Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gab es im zweiten Quartal
dieses Jahr 1,9 Million offene Stellen, so viele wie noch nie
seit Beginn der Erhebungen. Angespannt ist die Personalsituation
demnach in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, aber auch Handwerk
und IT-Branche melden viele offene Stellen.