Oh weh Pandemie - Kinder wegen Corona seltener bei Zahnvorsorge

Bonbons, Softdrinks, Kuchen: Was lecker ist, kann den Zähnen schaden.
Wie ein Zahn richtig sauber wird, haben Zahnärzte in den Zeiten vor
Corona oft in Kitas und Schulen gezeigt. Doch seit der Pandemie ist
die Mundhygiene aus dem Fokus geraten - mit teils fatalen Folgen.

München (dpa/lby) - Die Gesundheit der Zähne von Bayerns Kindern und
Jugendlichen hat in der Corona-Pandemie nach Einschätzung von
Zahnärzten zweifellos gelitten. «Um weiteren Schaden zu vermeiden,
ist es dringend geboten, vor Ort in Präsenz wieder zu beginnen»,
appellierte die Landesarbeitsgemeinschaft für Zahngesundheit Bayern
(LAGZ) mit Sitz in München. «Wir müssen davon ausgehen, dass wir
nicht einfach da anfangen können, wo wir vor über zwei Jahren
aufgehört haben.» Die Gruppen- und Individualprophylaxe stehe vor
gewaltigen Aufgaben.

Laut LAGZ haben Wissenschaftler erste Hinweise darauf, dass die
Häufigkeit von Milchzahnkaries in der Pandemie zugenommen hat.
«Kinder konnten in der Pandemie nicht lernen, wie man Zähne putzt, es
sei denn, die Erziehungsberechtigten haben zwischen der
Homeoffice-Tätigkeit ihren Kindern das nötige Putzverhalten
beigebracht», sagte die LAGZ-Vorsitzende Brigitte Hermann.

Im Schuljahr 2018/2019 hätten die Schulen der LAGZ noch mehr als 122
500 Grundschülerinnen und Grundschüler in Bayern gemeldet, die per
Stempelkarten (Aktion Löwenzahn) ihre Vorsorgeuntersuchungen beim
Zahnarzt belegten. Im Schuljahr 2020/21 seien es nur noch rund 93 500
gewesen. In den Kindertagesstätten (Aktion Seelöwe) sank im selben
Zeitraum die Zahl von rund 76 000 Stempelkarten auf 58 750. Weniger
Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt, keine Präventionsarbeit in den
Einrichtungen - laut LAGZ ist das ein erhebliches Risiko für die
Zahngesundheit.

«Schulschließungen, Homeschooling und Ausgangsverbote führten zum
kompletten Verlust jeglicher Gruppendynamik», so das Fazit des
Vereins, bei dem sich gesetzliche Krankenkassen, zahnärztliche
Institutionen und ehrenamtliche Zahnärzte um die Prophylaxe in Kitas
und Schulen kümmern.

«Zahnarztbesuche wurden vermieden und nur schmerzbedingt
durchgeführt.» Präventiv habe weder in Gruppen noch individuell
unterstützt werden können. «Eigenverantwortliches
Gesundheitsverhalten war nur eingeschränkt zu beobachten.»

Nach Erkenntnis des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung
beeinflusste der Lockdown vor allem das Essverhalten von Kindern und
Jugendlichen negativ - viele aßen mehr Süßes und kohlenhydratreiche
Lebensmittel und tranken mehr zucker- und säurehaltige Getränke
(Softdrinks). Abhängig vom sozialen Status sei die Mundhygiene
vernachlässigt worden, Karies und Zahnfleischentzündung die Folgen.

Zur Aufklärung übers Zähneputzen und zahngesunde Ernährung möchte
die
Landesarbeitsgemeinschaft für Zahngesundheit wieder Zahnärzte in
Schulen und Kitas schicken. Pandemiebedingt war zudem das gemeinsame
Zähneputzen etwa in Kitagruppen nach Angaben der Bayerischen
Landeszahnärztekammer vielfach entfallen. «Die zahnmedizinische
Gruppenprophylaxe trägt entscheidend dazu bei, dass sehr viele Kinder
in Deutschland kariesfrei sind.»