Schwestern wegen illegaler Operationen verurteilt - «pure Folter» Von Frank Christiansen, dpa

Eine Klinik ohne Klinikschild. Personal, das kein Deutsch sprach.
Doch der Preis für eine Haartransplantation war mit rund 2000 Euro
scheinbar sehr günstig. Mitten in Düsseldorf sollte doch alles mit
rechten Dingen zugehen. Oder doch nicht?

Düsseldorf (dpa) - In einer illegalen Klinik sind in Düsseldorf
Haartransplantationen durch unqualifiziertes Personal vorgenommen
worden. Erst als ein Patient kollabierte und mit dem Notarzt auch die
Polizei erschien, fand das Treiben ein Ende. Am Montag wurden zwei 29
und 36 Jahre alte Schwestern vom Düsseldorfer Amtsgericht zu je einem
Jahr und vier Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Das Gericht
sprach sie wegen gefährlicher Körperverletzung, Betrug und Verstoß
gegen das Heilpraktikergesetz schuldig.

Die Schwestern hatten als angebliche Ärztin und Assistentin die
Operationen vorgenommen, obwohl ihnen die Qualifikation dazu fehlte.
Auf der Anklagebank schwiegen die türkischen Schwestern und lauschten
ihren Dolmetschern.

Als Opfer sagte ein 30-jähriger Doktorand aus Trier aus: Sein Friseur
in Trier habe ihm die Klinik empfohlen. Er habe sich dann deren
Webseite angeschaut: «Der Preis ist normalerweise viel teurer, das
muss ich zugeben. Aber eine illegale Klinik mitten in Düsseldorf? Das
konnte ich mir nicht vorstellen. Wir sind doch in Deutschland.»

Schließlich sei er an einem Freitag im vergangenen April zur
Behandlung nach Düsseldorf gereist. Einige Dinge seien ihm
aufgefallen, denen er erst im Nachhinein größere Bedeutung geschenkt
habe: An der angegebenen Adresse habe er kein Klinikschild gefunden
und anrufen müssen. Daraufhin sei er vor dem Haus abgeholt und
hineingebracht worden. Die angebliche Ärztin habe im Vorgespräch auf
Englisch gesagt, dass sie aus Istanbul komme. Auf seine Frage, wo sie
denn in Istanbul studiert habe, habe er keine Antwort erhalten. Ein
Aufklärungsgespräch über Risiken habe es auch nicht gegeben.

Schließlich habe die Operation begonnen: «Das hat fünf bis sechs
Stunden gedauert. Die letzten zwei Stunden waren pure Folter. Die
Schmerzen waren extrem.» Er sei schließlich bewusstlos geworden. «Mit

einer Infusion im Arm bin ich wieder aufgewacht», berichtete er. Er
habe starke Kopfschmerzen und schlimmste Magenschmerzen gehabt und
sich ständig Erbrechen müssen. Als er am nächsten Tag erneut in die
Klinik musste, sei er dort wieder bewusstlos geworden. Sein Freund,
der ihn begleitet habe, habe schließlich den Notarzt gerufen.

Ein 54-jähriger Kaufmann aus Essen berichtete, sein Unternehmen habe
mehrere Räume an die Klinik untervermietet. «Das lief über Istanbul.

Es gab leider keinen schriftlichen Mietvertrag. Wegen Corona konnten
die nicht hierher kommen.» Die Räume dürften gar nicht als Arztpraxis

oder Klinik genutzt werden: «Dort sollten nur die Vorgespräche
stattfinden. Die Kunden sollten dann zur Operation in die Klinik in
die Türkei geschickt werden.»

Was in den Räumen tatsächlich vorgegangen sei, davon habe er nichts
mitbekommen. «Die hatten einen separaten Eingang.» Eines Tages sei er
aber wegen eines Notfalls gerufen worden: «Da lag ein Mann
bewusstlos. Ich habe gesagt, die sollen sofort Polizei und Notarzt
anrufen.»

Die Anklage hatte drei Geschädigte aufgeführt. Über die Risiken des
1000 bis 2000 Euro teuren Eingriffs soll keiner von ihnen aufgeklärt
worden sein. Ein Vertreter der Klinik hatte vor dem Eingriff
beteuert, die Operationen würden von ärztlichem Fachpersonal
ausgeführt. Oberstaatsanwalt Uwe Kessel und die Verteidiger
verzichteten auf Rechtsmittel. Damit ist das Urteil rechtskräftig.

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