Zu viel Salz ist ungesund - zu wenig aber manchmal auch Von Alice Lanzke, dpa

Über die Risiken von hohem Salzkonsum diskutieren Wissenschaftler
schon seit Jahrzehnten. Inzwischen kristallisiert sich zunehmend
heraus, wer besonders aufpassen sollte.

Bonn/New Orleans (dpa) - Zum Frühstück ein Croissant und ein Joghurt,
mittags eine Tiefkühlpizza, abends zwei Scheiben Brot mit Käse und
eine Handvoll Kartoffelchips auf dem Sofa: Mit einem solchen
Essensplan ernährt man sich nicht nur ziemlich einseitig, sondern
auch sehr salzreich. In diesem Beispiel wären es fast acht Gramm
Speisesalz - und damit deutlich mehr als die von der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen täglichen sechs Gramm,
was etwa einem Teelöffel entspricht, oder gar die fünf Gramm, zu
denen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät.

Seit Jahren warnen Ernährungsforscher, Fachgesellschaften und
Mediziner, dass wir zu viel Salz essen. Studien zeigen, dass zu viel
Salz im Essen ungesund ist - zu wenig kann aber auch schädlich sein.

Tatsächlich nehmen laut einer Studie des Robert Koch-Instituts (RKI)
70 Prozent der Frauen und 80 Prozent der Männer in Deutschland mehr
als sechs Gramm Speisesalz pro Tag zu sich, 39 Prozent der Frauen und
50 Prozent der Männer mehr als zehn Gramm pro Tag und bei 15 Prozent
der Frauen und 23 Prozent der Männer sind es gar mehr als 15 Gramm
täglich. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) konsumieren
vor allem Männer, Kinder und Jugendliche zu viel Salz.

Mit einem hohen Salzkonsum gingen allerdings gesundheitliche Risiken
einher, warnt die DGE, vor allem Bluthochdruck. Der wiederum sei
einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Krankheiten.
Zudem sei eine hohe Speisesalzzufuhr mehreren Studien zufolge mit
einem erhöhten Magenkrebsrisiko verbunden. Auch das Immunsystem soll
bei zu viel Salz leiden.

Das Problem: Salz ist in vielen Lebensmitteln enthalten, auch in
solchen, bei denen man es auf den ersten Blick nicht vermuten würde.
So weist eine Scheibe Graubrot nach DGE-Angaben durchschnittlich 0,6
Gramm Speisesalz auf - und damit mehr als eine Handvoll Chips. In
einer Bratwurst stecken 2,2 Gramm Salz, in einer handelsüblichen Dose
Hühnernudelsuppe knapp 4 Gramm.

Doch nicht nur das in Lebensmitteln bereits enthaltene Salz ist
problematisch - auch das ständige Nachsalzen von Gerichten kann
gefährlich sein. Das berichteten US-Wissenschaftler kürzlich im
Fachblatt «European Heart Journal». Männer, die beim Essen häufig z
um
Salzstreuer griffen, hätten eine um gut zwei Jahre verringerte
Lebenserwartung, Frauen verkürzten ihre Lebensspanne um anderthalb
Jahre, so das Ergebnis der Studie mit 500 000 Teilnehmenden.

Insgesamt hätten Nachsalzer verglichen mit Menschen, die nie oder
selten Salz zugaben, ein um 28 Prozent erhöhtes Risiko, vorzeitig zu
sterben. In der westlichen Ernährung mache dieses Nachsalzen am Tisch
6 bis 20 Prozent der gesamten Salzaufnahme aus, erklärt Hauptautor
und Ernährungswissenschaftler Lu Qi. Die Studie ergab allerdings
auch, dass jene Salz-Liebhaber, die besonders viel Obst und Gemüse
essen, ein etwas geringeres Sterberisiko hatten. «Dieses Ergebnis hat
uns nicht überrascht, da Obst und Gemüse wichtige Quellen für Kalium

sind, das eine schützende Wirkung hat und mit einem geringeren Risiko
eines vorzeitigen Todes in Verbindung gebracht wird», sagt Qi.

Tatsächlich passt diese Beobachtung zu einer weiteren kürzlich
veröffentlichten Studie, der zufolge insbesondere Frauen durch eine
erhöhte Kaliumaufnahme die Risiken ihres Salzkonsums bis zu einem
gewissen Grad kompensieren können. Kalium unterstützt die
Ausscheidung von Natrium mit dem Urin und ist vor allem in Bananen,
Avocados und Lachs enthalten.

Sollte man sich also ein Beispiel an Bundesgesundheitsminister Karl
Lauterbach (SPD) nehmen, der bekanntermaßen auf eine salzarme
Ernährung setzt? Nicht unbedingt. Denn auch zu wenig Salz kann
schädlich sein.

Speisesalz besteht hauptsächlich aus Natriumchlorid (NaCl) und stellt
die Hauptquelle in unserer Ernährung für Natrium und Chlorid da -
Stoffe, die zentral für die Aufrechterhaltung des
Flüssigkeitshaushalts der Zellen sind.

Schon vor Jahren sorgte eine Studie kanadischer Wissenschaftler für
Aufsehen, der zufolge extremer Salzverzicht bei Menschen mit normalem
Blutdruck sogar zu Herz-Kreislauf-Komplikationen führen könne. Ein
höherer Salzkonsum führte in dieser Gruppe nicht zu mehr
Herzinfarkten und Schlaganfällen, erst ab gut zwölf Gramm Salz oder
fünf Gramm reinen Natriums bestünden gesundheitliche Risiken, hieß
es. Die Mediziner empfahlen daher eine natriumarme Kost eher für
Menschen mit Bluthochdruck, die bislang sehr viel Salz zu sich
genommen hätten. Auch eine chinesische Beobachtungsstudie stellte
fest, dass sich bei bestimmten Formen der Herzinsuffizienz eine
besonders salzarme Kost negativ auswirken könnte.

Angesichts des hohen Salzgehalts vieler Fertigprodukte, aber auch
Grundnahrungsmittel wie Brot und Milchprodukte scheint es indes eher
unwahrscheinlich, sich unbeabsichtigt zu salzarm zu ernähren.
Umgekehrt sind die empfohlenen Grenzwerte schnell erreicht. Wer nun
weniger Natriumchlorid zu sich nehmen will, findet in Fachgeschäften
und Reformhäusern Kochsalzersatz aus Kaliumchlorid. Doch dieses
Ersatzsalz kann für Menschen mit bestimmten Erkrankungen - etwa der
Nieren, des Herzens oder der Leber - gefährlich werden, da diese mit
einem Risiko für einen erhöhten Kaliumspiegel im Blut einhergehen.
Daher sollte Salzersatz nur nach ärztlichem Rat genutzt werden.

Um Salz einzusparen, rät die DGE eher, den Verzehr verarbeiteter
Lebensmittel zu reduzieren und stattdessen mehr unverarbeitetes Obst
und Gemüse zu essen. Beim Kochen sollten zunächst Gewürze und frische

Kräuter verwendet werden. Benutzt man dann doch Salz, sollte dieses
mit Jod und Fluorid angereichert sein. Vor allem aber brauche man
Geduld auf dem Weg zu salzärmerer Kost, so die DGE-Empfehlung: «Wenn
man die Speisesalzzufuhr verringern möchte, ist es am besten, wenn
dies in kleinen Schritten passiert, damit man sich an den schwächeren
Salzgeschmack gewöhnen kann.»