Neuer Corona-Impfstoff - Länder erwarten keinen großen Andrang

Nach einer Sommerwelle mit vielen Corona-Infektionen sind nun die
ersten an Omikron angepassten Impfstoffe da. Einen Run auf die
Vakzine erwarten die Länder zwar nicht, fühlen sich aber gut gerüstet

- und können aufstocken.

Berlin (dpa) - Beim Verabreichen der neuen, an Omikron angepassten
Impfstoffe wollen die Bundesländer vor allem auf niedergelassene
Ärzte und Impfstellen setzen - mit einem großen Andrang rechnen sie
aber nicht. Das geht aus einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur
unter den Ländern hervor. Impfungen in Apotheken dürften dagegen kaum
eine Rolle spielen.

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hatte am Donnerstag grünes
Licht für die beiden Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna
gegeben, die an den Subtyp BA.1 der Omikron-Variante des Coronavirus
angepasst sind. Am Freitag ließ die EU-Kommission die Vakzine zu.
BA.1 spielt in Deutschland zwar keine Rolle mehr, Experten gehen aber
davon aus, dass die neuen Impfstoffe auch einen Vorteil gegen den
derzeit dominierenden Subtyp BA.5 bringen. Eine Impfempfehlung der
Ständigen Impfkommission (Stiko) gibt es allerdings noch nicht.

Schon in den beiden Wochen ab Montag sollen rund 14 Millionen Dosen
des BA.1-Präparats von Biontech/Pfizer und Moderna kommen. Wie der
Impfstoff in die Arme der Menschen kommt, organisieren die Länder und
die Kommunen. Im Detail unterscheiden sich die Strategien.

Während etwa in Nordrhein-Westfalen, die einst 53 Impfzentren bereits
im Herbst vergangenen Jahres ihren Betrieb eingestellt hatten, gibt
es in Bayern derzeit trotz geringer Impfnachfrage noch 80 Impfzentren
- teils mit eingeschränkten Öffnungszeiten. «Wir können in Bayern
zügig mit den Impfungen beginnen, sobald der angepasste Impfstoff im
September angekommen ist», sagte der bayerische Gesundheitsminister
Klaus Holetschek (CSU).

Auch Mecklenburg-Vorpommern hält an Impfzentren fest, die zunächst
noch bis April 2023 laufen sollen. Insbesondere für Menschen, die
keinen Hausarzt oder aufgrund eingeschränkter Mobilität keinen Zugang
zu einer Arztpraxis hätten, seien die Impfzentren und mobilen Teams
ein wichtiges Angebot, teilte das Gesundheitsministerium
Mecklenburg-Vorpommerns mit.

In Sachsen werden die 13 Impfstellen aufgestockt. Auf Anfrage teilte
das Sozialministerium in Dresden mit, dass die bestehenden
Impfstellen zur kühlen Jahreszeit besonders personell verstärkt
werden sollen.

In Bremen gibt es noch vier zentrale Impfstellen, ein
Kinderimpfzentrum, mobile Teams und Impffahrzeuge, wie das
Gesundheitsressort mitteilte. Man könne ««auch bei kurzfristig
steigender Nachfrage die Kapazitäten hochfahren», teilte eine
Sprecherin mit.

Auch wenn in den Ländern die Vorbereitungen für die Impfungen mit den
neuen Vakzinen bereits laufen, wollen sie ihre vorhandenen
Impf-Kapazitäten noch nicht vollständig hochfahren.
Schleswig-Holstein etwa hat ausgerechnet, auf wie viele Impfungen die
Kapazitäten ausgeweitet werden können: «Bei Bedarf können vorhanden
e
Kapazitäten (Impflinien) und die Öffnungszeiten in den vorhandenen
Impfstellen aufgestockt werden», erklärte das Gesundheitsministerium
in Kiel. Demnach sei es dann möglich, innerhalb von sechs Wochen mehr
als 1,8 Millionen Impfungen durchzuführen.

Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) geht davon
aus, dass die vorhandenen Kapazitäten in seinem Bundesland
ausreichen. Eine massenhafte Impfung wie Anfang 2021 erwarte das Land
aktuell nicht. Für den Fall können die Impfkoordinatoren in jeder
Stadt und jedem Landkreis die Infrastruktur hochfahren, hieß es.

Auch in Thüringen werden die Kapazitäten abgesehen von zwei Städten -

Erfurt und Gera - vorerst nicht hochgefahren. Dort seien die
Öffnungszeiten nicht reduziert worden, so der Impfmanager der
Kassenärztlichen Vereinigung (KV), Jörg Metz. Gerade sei die
Bereitschaft, sich zu impfen, gering. «Wenn die Nachfrage wieder
größer wird, werden wir reagieren», sagte Mertz. Das Bundesland hat
die Impfstellen bereits halbiert. Unklar sei, wie sich die Zulassung
von Impfstoffen, die auf die Spielarten der Omikron-Varianten
angepasst sind, auf die Nachfrage auswirke.

In Hamburg, Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt werden die
Corona-Impfstoffe vorrangig über die Arztpraxen verimpft. Impfzentren
gebe es in Hamburg nur noch zwei, die bei einer größeren Nachfrage
personell verstärkt werden können, erklärte die Gesundheitsbehörde.

«Wir haben uns schon bei dem Aufbau der beiden Impfzentren und des
mobilen Angebots darauf vorbereitet, die Kapazitäten
hochzuskalieren», hieß es dort mit Blick auf den Herbst.

Auch das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen setzt
vor allem auf Impfungen in den Arztpraxen. Dies ermögliche eine
flexible Steuerung des lokalen Impfgeschehens und orientiere sich an
der Nachfrage, teilte das nordrhein-westfälische Sozialministerium
auf Anfrage mit. Den Angaben zufolge könne das Impfen bei Bedarf im
Herbst kurzfristig wieder deutlich hochgefahren werden. Das
Bundesland besitze Ressourcen, innerhalb 14 Tagen «wöchentlich
mindestens 250 000 Impfungen durchzuführen - ergänzend zum Angebot in
Arztpraxen und bei Betriebsärztinnen und -ärzten.» Auch Hessen
unterhält nach eigenen Angaben seit Ende September 2021 keine
landeseigenen Impfzentren mehr.

In den NRW-Nachbarbundesländern Rheinland-Pfalz und Niedersachsen
sind auch etliche mobile Impfteams unterwegs. Rund 150 sind es
derzeit allein in Niedersachsen. In Rheinland-Pfalz könne das
Deutsche Rote Kreuz mit seinen mobilen Teams rund 35 000 Menschen pro
Monat impfen - vor allem in Altenheimen, wie das
Gesundheitsministerium in Mainz mitteilte. Hinzu kämen 26 stationäre
Impfangebote und sechs Impfbusse mit insgesamt rund 200 000 Impfungen
pro Monat.