«Unwürdig»: Bottroper Apotheker erhält Approbation nicht zurück Von Ulli Brünger, dpa
Ein wegen gepanschter Krebsmedikamente zu zwölf Jahren Haft und
lebenslangem Berufsverbot verurteilter Apotheker will seine
Approbation zurück. Deswegen klagt er vor einem Verwaltungsgericht.
Doch das Gericht befindet: Er ist «unwürdig», den Beruf auszuüben.
Gelsenkirchen (dpa) - Ein wegen gepanschter Krebsmedikamente zu zwölf
Jahren Haft verurteilter Apotheker aus Bottrop wird seinen Beruf wohl
nie wieder ausüben dürfen. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen wies
am Donnerstag die Klage des Apothekers gegen den Widerruf seiner
Approbation vom Dezember 2020 durch die Bezirksregierung ab. Damit
erhält der jetzt 52-Jährige, der derzeit seine Haftstrafe absitzt,
seine Zulassung als Apotheker nicht wieder zurück.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Kläger kann einen Antrag auf
Zulassung einer Berufung stellen. Darüber muss dann das
Oberverwaltungsgericht (OVG) befinden. Vor Gericht wurde der
Apotheker von Rechtsanwalt Christian Roßmüller vertreten, der
angesichts des Verlaufs der mündlichen Verhandlung «nicht überrascht
»
über das Urteil war.
Die 18. Kammer unter Vorsitz von Richter Fabian Schmidetzki stützte
sich in großen Teilen auf die Gründe, die auch zur strafrechtlichen
Verurteilung des Apothekers geführt hatten. Dessen Fall hatte vor
Jahren bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Die Richtigkeit des
Strafgerichtsurteils zweifelten die Verwaltungsrichter nicht an. Das
Gericht sah es daher auch als erwiesen an, dass der 52-Jährige sich
eines Verhaltens schuldig gemacht habe, das auf seine
«Unzuverlässigkeit» und «Unwürdigkeit», den besonders
verantwortungsvollen Beruf der Apothekers auszuüben, schließen lasse.
Kurz gesagt: Er sei «ungeeignet, diesen Beruf auszuüben», betonte der
Vorsitzende Richter. Dabei bezog sich das Gericht auch auf die
Bundes-Apothekerordnung (BApO), in der auch die besondere
Verantwortung des Berufsstands hervorgehoben wird.
In einem viel beachteten Strafverfahren hatte das Landgericht Essen
den Chef einer Apotheke in Bottrop 2018 aufgrund jahrelanger
Versorgung Krebskranker mit unterdosierten Arzneimitteln wegen
«Betrugs und Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz» in mehr als
15 000 Fällen zu einer zwölfjährigen Haftstrafe und einem
lebenslangen Berufsverbot verurteilt. Das Urteil wurde später vom
Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe bestätigt.
Die Bezirksregierung Münster hatte dem Mann die Zulassung als
Apotheker zunächst vorläufig, später dann für immer entzogen. Eine
Verfassungsbeschwerde gegen das Strafgerichtsurteil ist zwar noch
anhängig, hat aber kaum Aussichten auf Erfolg. Wann sich das
Verfassungsgericht mit dem Fall beschäftige, sei «derzeit nicht
abzusehen», sagte Roßmüller der dpa. Die Verfassungsrichter müssen
vor allem über etwaige Verfahrensfehler, wie von den
Apotheker-Anwälten angeführt, befinden.
Während das vom Landgericht ausgesprochene Berufsverbot auf die
kriminellen Machenschaften, also die nachgewiesenen Taten, zielt,
ging es dem Verwaltungsgericht laut Richter Schmidetzki um die
«personenbezogene charakterliche Eignung» des Verurteilten. Dabei
spiele auch das «Vertrauen der Bevölkerung» - ähnlich wie bei Ärz
ten
- eine besondere Rolle. Und um das Vertrauen in die Künste des
Verurteilten dürfte es nach Auffassung des Gerichts angesichts der
ihm nachgewiesenen Taten schlecht bestellt sein.
Der Apotheker selbst erschien - wie erwartet - nicht vor Gericht. «Er
war auch nicht geladen», erklärte Gerichtssprecher und Richter
Wolfgang Thewes. Das geschehe nur, wenn die Anwesenheit des Klägers
unbedingt erforderlich sei, etwa weil seine Aussage benötigt würde.
Ohnehin muss der Apotheker noch einen großen Teil seiner Haftstrafe
absitzen. Da er nach seiner Festnahme 2016 bis zum Prozessauftakt im
November 2017 in Untersuchungshaft saß, ist noch gut die Hälfte der
12 Jahre übrig. Bei guter Führung und einer guten Sozialprognose
könnte die Strafe verkürzt werden. Doch selbst wenn auch sein
Berufsverbot nachträglich verkürzt würde, was theoretisch möglich
wäre, dürfte er ohne Approbation nicht mehr als Apotheker wirken.
Zuletzt mehrten sich Hinweise, dass er inzwischen im offenen
Strafvollzug der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Bielefeld-Senne sein
könnte. Einige Zeugen behaupteten, ihn in den vergangenen Wochen in
den Straßen von Bottrop gesehen zu haben.
Parallel läuft gegen den Bottroper seit März 2019 zudem ein
Insolvenzverfahren am Amtsgericht Essen. Laut «WAZ» arbeitet der
Düsseldorfer Insolvenzverwalter Dirk Andres weiter daran, ein
zweistelliges Millionenvermögen zu sichern. Die zunächst vom
Landgericht auf 17 Millionen Euro bezifferte Schadenssumme hatte der
BGH im Revisionsverfahren auf 13,6 Millionen Euro reduziert. Kürzlich
ist die Villa des Apothekers verkauft worden. Das ehemals rund elf
Millionen Euro teure Haus, das neben zahlreichen Extras auch eine
Rutsche vom oberen Stockwerk ins Schwimmbad darunter bietet, war von
einem Düsseldorfer Makler für 5,7 Millionen Euro zum Verkauf
angeboten worden. Ob dieser Preis erzielt wurde, ist nicht bekannt.
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