Kultusminister: Lage bei der Unterrichtsversorgung bleibt angespannt
Der sächsische Kultusminister redet nicht um den heißen Brei herum.
Wie anderswo fehlen auch im Freistaat Lehrkräfte an den Schulen. Das
bleibt für den Unterricht nicht folgenlos.
Dresden (dpa/sn) - Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU)
rechnet im neuen Schuljahr mit Problemen bei der Absicherung des
Unterrichts. Man habe sich noch mehr neue Lehrerinnen und Lehrer
gewünscht, aber die in den vergangenen Jahren erhöhten
Studienkapazitäten würden sich noch nicht in den Bewerberzahlen
widerspiegeln, sagte er am Donnerstag in Dresden. «Insgesamt bleibt
die Lage bei der Unterrichtsversorgung angespannt.» Wenn man keine
Gegenmaßnahmen eingeleitet hätte, wäre die Situation noch schlechter.
Piwarz zeigte sich offen, mit den Lehrerverbänden über alle Probleme
zu sprechen.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte Sachsen am
Mittwoch «außerordentlich schlecht» aufgestellt gesehen und von einem
Offenbarungseid gesprochen. «Schwarzmalen liegt mir nicht, aber es
ist eher ein Grauton als ein Buntton», beschrieb Piwarz die Lage. Der
Lehrermangel sei überall in Deutschland ein Problem. Inzwischen
schlage selbst ein Land wie Bayern Alarm. Vor allem der ländliche
Raum sei in Sachsen von Lehrermangel betroffen. Es sei sehr schwer,
junge Lehrer für eine Arbeit dort zu interessieren. Größtes
Sorgenfächer seien die Naturwissenschaften und Informatik.
Piwarz wollte nicht darüber spekulieren, in welchem Umfang Unterricht
wegen fehlender Lehrkräfte ausfallen wird. Das lasse sich pauschal
nicht beantworten. «Das wird von Schule zu Schule unterschiedlich
sein. Wir werden Schulen haben, die einen erheblichen planmäßigen
Unterrichtsausfall haben.» Dort werde es aber auch Möglichkeiten der
Kompensation geben. Bei notwendigen Kürzungen des Unterrichts sollten
die Schulen selbst entscheiden. Die GEW geht davon aus, dass der
Ausfall von Unterricht steigen wird. Im letzten Jahr vor der Pandemie
fielen über alle Schularten hinweg 5,2 Prozent des Unterrichtes aus.
Mit Blick auf weitere Einstellungen in den kommenden Monaten zeigte
sich Piwarz aber optimistisch: «Im Laufe des Schuljahres werden wir
die noch bestehenden Lücken reduzieren können.» Ab November stünden
weitere Seiteneinsteiger zur Verfügung. Am 1. Februar 2023 würden
etwa 700 Referendare ihre Lehrerausbildung abschließen. Insgesamt hat
Sachsen für das neue Schuljahr 1024 neue Lehrkräfte eingestellt.
Der Kultusminister stellte klar, dass die Beschulung ukrainischer
Kriegsflüchtlinge eine Herausforderung für das Schulsystem sei. Mehr
als 10 000 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine hätten sich für
den Unterricht angemeldet, über 9000 seien schon konkret einer Schule
zugewiesen. Dies stelle mancherorts schon jetzt eine Überlastung dar,
vor allem in Dresden, Leipzig und Görlitz. Die räumlichen und die
personellen Kapazitäten seien dort erschöpft.
Vorsichtig optimistisch äußerte sich Piwarz zum Thema Corona: «Das A
und O wird sein, dass wir Hygieneregeln einhalten und konsequent
lüften.» Alle Klassenräume sollen bis zum Ende der Herbstferien CO2-
Ampeln erhalten. Jetzt müsse man auf weitere Beschlüsse des Bundes
warten. Auf Tests ohne Anlass will Sachsen fortan verzichten. Wenn es
in einer Klasse ein oder zwei nachgewiesene Infektionen gebe, werde
man aber die ganze Klasse testen. Laut Piwarz hat Sachsen bisher mehr
als 100 Millionen Euro für Tests an Schulen ausgegeben.
Die CDU-Fraktion im Landtag hält eine Fortsetzung der Verbeamtung für
zwingend erforderlich, «um nicht eines Tages vor leeren Lehrerzimmern
zu stehen». «Wer dies in Frage stellt, ist auf dem
bildungspolitischen Auge blind. Denn mit Berlin wird jetzt auch das
letzte Bundesland Lehrer verbeamten», erklärte der
Landtagsabgeordnete Holger Gasse.
SPD-Bildungsexpertin Sabine Friedel bezeichnete das neue Schuljahr
als große Herausforderung. «Die Einstellung von 1024 neuen
Lehrkräften kann die Lücke nicht schließen. Die regionale Verteilung
zeigt, dass der Mangel inzwischen in den Großstädten und allen
Schularten angekommen ist. Es ist wichtig, jetzt alle Hürden zu
beseitigen und die Weichen neu zu stellen.» Bewerbungen für den
Schuldienst sollten ohne Fristen jederzeit möglich sein. Ausländische
Abschlüsse müssten schneller und großzügiger anerkannt werden. Zude
m
müssten Lehrpläne entschlackt und die Stofffülle reduziert werden.
«Wir brauchen eine offene Diskussion darüber, wie wir die Personalnot
lindern und die Schulfamilie stärken können. Multiprofessionelle
Teams an den Schulen, Entlastung der Lehrerinnen und Lehrer, mehr
Studienplätze im Lehramt, mehr Plätze im Referendariat, gute
Kooperationen mit außerschulischen Partnern und Lernorten, aber auch
eine kritische Bestandsaufnahme von Lehrplänen und Stundentafeln -
viele Maßnahmen wurden bereits ergriffen, weitere Vorschläge liegen
auf dem Tisch und sollten ernsthaft auf Umsetzbarkeit geprüft
werden», erklärte Grünen-Bildungsexpertin Christin Melcher.
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