Lauterbach erwartet flächendeckende Maskenpflicht ab 1. Oktober Von Basil Wegener und Ulrich Steinkohl, dpa
Gerade selbst von einer Corona-Infektion genesen sucht der
Gesundheitsminister die Offensive. Mit belegter Stimme verteidigt
Karl Lauterbach seine umstrittenen Vorschläge für den Corona-Herbst.
Abstriche will er möglichst keine machen.
Berlin (dpa) - Trotz sinkender Corona-Zahlen müssen sich die Menschen
in Deutschland ab Oktober auf flächendeckende Maskenpflichten und
mögliche schärfere Schutzauflagen einstellen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will an seinen umstrittenen
Vorschlägen nach Möglichkeit festhalten, wie er am Freitag in Berlin
deutlich machte. Trotz teils heftiger Kritik der Länder zeigte sich
der SPD-Politiker zuversichtlich, dass sie umgesetzt werden. An die
Omikron-Variante angepasste Impfstoffe stehen wahrscheinlich ab
September zur Verfügung, wie Lauterbach zudem mitteilte.
Aktuell hat sich die Corona-Situation entspannt. «Die Sommerwelle
fängt jetzt langsam an zurückzugehen», sagte Lauterbach. Es gebe
einen «robusten Rückgang der Fallzahlen». «Das gibt erst einmal Gru
nd
zur Freude. Das ist trotzdem kein Grund für eine Entwarnung.»
Zenit der Sommerwelle überschritten:
Die Sieben-Tage-Inzidenz sank nach einem Rückgang der Vorwoche
vergangene Woche erneut um 27 Prozent. Das zeigt der jüngste
Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI). Es gibt auch weniger
Infizierte mit Symptomen. Fazit des RKI: Der aktuelle Wellengipfel
scheine überschritten zu sein. Dennoch gab es immer noch 372
Corona-Tote in der vergangenen Woche nach 444 in der Vorwoche.
Schwere Erkrankungen gingen zudem langsamer zurück als die
Gesamtzahlen.
Für die nächsten Wochen rechnet das RKI mit einer weiter hohen Zahl
an Klinik-Einweisungen, Corona-Intensivpatientinnen und -patienten
und Todesfällen - insbesondere in höheren Altersgruppen. Lauterbach
meinte unter Berufung auf weitere RKI-Einschätzungen zudem, dass die
Dunkelziffer an Infizierten steige.
Fahrplan fürs Infektionsschutzgesetz:
Bereits am 24. August soll das Bundeskabinett grünes Licht für den
umstrittenen Entwurf von Lauterbach und FDP-Justizminister Marco
Buschmann zu den Corona-Maßnahmen in Herbst und Winter geben, wie der
Gesundheitsminister mitteilte. Kommende Woche soll er weiter mit den
Ländern abgestimmt werden. In Stein sei er nicht gemeißelt. Aber:
«Ich glaube, dass der Vorschlag Hand und Fuß hat.» Bayern und andere
Länder hatten teils heftige Kritik geübt. Bundestag und Bundesrat
sollen das neue Regelwerk dann beschließen.
Dem Vorschlag zufolge sollen die Länder ab 1. Oktober eine
Maskenpflicht in Innenräumen einführen - unabhängig von der Inzidenz.
Die Länder könnten auch darauf verzichten, betonte Lauterbach. Doch
er erwarte, dass alle Bundesländer die Maßnahme ergreifen. Denn unter
anderem das Ende der Sommerferien werde die Corona-Lage wohl wieder
verschlechtern.
Die umstrittenen Ausnahmen:
Wenn die Länder die Maskenpflicht einführen, «müssen sie eine
Ausnahme vorsehen für die Innenräume, wo das Maskentragen ersetzt
werden kann durch entweder einen Impfausweis, Genesenenausweis oder
frische Testung», bekräftigte Lauterbach. Die Maske soll dann keine
Pflicht sein, wenn man in den drei Monaten zuvor geimpft wurde. «Das
ist die Dauer, von der wir glauben, dass die neuen Impfungen auch vor
Ansteckungen schützen, nicht nur vor schwerem Verlauf.»
Lauterbach erklärte den Sinn der geplanten Ausnahme so: «Wenn jemand
in eine Gastwirtschaft hineingeht zum Beispiel, geht mit der Maske
rein, ist nicht geimpft, ist nicht getestet, nimmt dann die Maske ab,
sitzt dann dort eine Stunde ohne Maske, weil er speist, dann kann das
weniger sicher sein, als wenn er vorher einen frischen Impfausweis
gezeigt hat.» Somit könne es im Restaurant eine zusätzliche
Sicherheit sein, wenn mehr Geimpfte dort sitzen und frisch Genesene
als Leute mit Maske - «obwohl das für den Laien nicht sofort
plausibel ist». Lauterbach sagte, dies sollten Anreize sein, sich
impfen oder testen zu lassen.
Auf die Kritik an mangelnder Umsetzbarkeit hin erläuterte Lauterbach
die geplante Umprogrammierung der Corona-WarnApp. Wer frisch geimpft,
getestet oder genesen sei, bei dem werde die App automatisch und ohne
Verzögerung grün statt blau zeigen - in der Gaststätte sei dies dann
auf einen Blick erkennbar.
Die vierte Impfung:
Die europäische Zulassung der Impfstoffe gegen die Omikron-Varianten
BA.1 und BA.5 ist im September zu erwarten, wie Lauterbach sagte. Am
1. September stehe dies für BA.1 an und am 27. September für BA.5. Am
jeweiligen Tag drauf könnten die Vakzine ausgeliefert werden. «Die
Bundesregierung hat beide Impfstoffe in auskömmlicher Menge besorgt»,
sagte Lauterbach.
Damit stellt sich die Frage, wer sich wann mit welchem Impfstoff
impfen lassen soll. Lauterbach war vorgeworfen worden, mit bisherigen
Aussagen dazu Verwirrung gestiftet zu haben und das Ansehen der
Ständigen Impfkommission (Stiko) untergraben zu haben.
Nun erläuterte der Gesundheitsminister: Wer älter, vorerkrankt oder
in ständigem Kontakt zu vielen Menschen sei, solle nicht auf die
angepassten Impfstoffe warten. Auch die bisherigen Vakzine könnten
schwere Folgen einer Infektion bis zum Tod verhindern. Jüngeren
empfahl er erneut, ihren Hausarzt zu fragen, ob die vierte Impfung
jetzt schon zu empfehlen sei. Lauterbach: «Der Hausarzt kann sagen:
Nein, auf keinen Fall, oder der Hausarzt kann sagen: Um Gottes
Willen, Sie sind ja so ein starker Asthmatiker, dann auf jeden Fall.»
Die Stiko arbeite zudem an Impfempfehlungen für die angepassten
Impfstoffe. Die Impfkommission werde zudem gestärkt, kündigte
Lauterbach an. So solle die Stiko eine Pandemie-Arbeitsgruppe (PAIKO)
mit externe Expertinnen und Experten erhalten, an deren Sitzungen
auch er selbst teilnehmen wolle, sagte Lauterbach.
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