Aus für Corona-Quarantäne in Österreich - auch wegen sozialer Folgen

Die Corona-Lage scheint viel angespannter als im Sommer 2021.
Trotzdem schafft Österreich die Quarantäne für Infizierte ab. Aus
Sicht der Regierung ein deutlicher Schritt hin zu mehr Normalität.

Wien (dpa) - Mitten in der sommerlichen Corona-Welle schafft
Österreich die Quarantäne für Infizierte ab. «Wir machen jetzt
Verkehrsbeschränkungen statt verpflichtender Quarantäne», sagte
Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Dienstag in Wien. Die
grundsätzliche Lockerung werde ab 1. August gelten. Auch Infizierte
dürften nun weiter unterwegs sein, allerdings mit FFP2-Maske. «Wer
krank ist, bleibt zu Hause», appellierte Rauch zugleich an die
Bürger. Die Entscheidung sei gerade auch mit Blick auf die
psychischen und sozialen Folgen der Corona-Krise gefallen, sagte
Rauch. Weltweit hätten Ängste und Depressionen zugenommen. «Wir gehen

einfach gut vorbereitet in eine neue Phase der Pandemie-Bekämpfung.»

«Wir können die Pandemie nicht wegtesten, nicht wegimpfen und nicht
wegabsondern», hieß es. Weiterhin gelte eine Meldepflicht, um einen
Überblick über das Krankheitsgeschehen zu behalten. Im Herbst drohe
mit der Gaskrise, der Teuerung und dem Krieg in der Ukraine ohnehin
eine schwierige Situation für die Bevölkerung, sagte Rauch der
«Tiroler Tageszeitung» (Dienstag). «Ich bin Sozial- und
Gesundheitsminister, deshalb beschäftigt mich mittlerweile die
soziale Frage und die Frage der sozialen Verwerfungen mindestens
ebenso intensiv wie die Corona-Krise», sagte Rauch der Zeitung.

Rauch verwies auf internationale Vorbilder wie Dänemark, Norwegen,
Großbritannien, Spanien und die Schweiz. Dort sei die Quarantäne ohne
größere Folgen teils seit Monaten abgeschafft. Deutlich wie nie
stellte die Regierung auch die Aussagekraft der Zahl der
Covid-Patienten in den Krankenhäusern infrage. Eine genaue Analyse
ergebe, dass nur etwa die Hälfte der entsprechenden Patienten als
Hauptdiagnose Covid habe, sagte Katharina Reich, Expertin des
Gesundheitsministeriums.

Zu den Verkehrsbeschränkungen zählt ein Betretungsverbot für
infizierte Besucher in Krankenanstalten ebenso in Pflege-,
Behinderten- und Kureinrichtungen. Wie aus dem der Nachrichtenagentur
APA vorliegenden Entwurf weiter hervorgeht, dürfen aber infizierte
Mitarbeiter an diesen Orten mit Maske weiter ihrem Job nachgehen. Im
Freien und bei einem Mindestabstand von zwei Metern entfällt die
Maskenpflicht.

Zum Schutz besonders gefährdeter Menschen wird die
Risikogruppen-Verordnung bis Oktober befristet wieder in Kraft
gesetzt, wie Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) sagte. Damit können
Mitarbeiter freigestellt werden, die trotz Impfung schwere Verläufe
zu befürchten haben oder aus medizinischen Gründen nicht geimpft
werden können.

Die Sieben-Tage-Inzidenz in Österreich liegt mit rund 900 Fällen pro
100 000 Einwohner und Woche über dem deutschen Wert. Im Vergleich zum
Sommer des Vorjahres müssen aktuell wesentlich mehr Patienten in den
Krankenhäusern betreut werden.