Röhren und Heulen: Forderungen nach Lärm-Blitzern werden lauter Von Sophie Brössler, dpa
Ob in ländlichen Gegenden oder mitten in der Stadt: Verkehrslärm
nervt - und kann krank machen. Um besonders laute Auto- und
Motorradfahrer auszumachen, werden in NRW nun Lärm-Blitzer gefordert.
An den Geräten gibt es aber auch Kritik.
Düsseldorf (dpa/lnw) - Aufheulende Motoren, quietschende
Reifen: Laute Auto- und Motorradfahrer gehen besonders im Sommer bei
geöffneten Fenstern vielen Menschen auf die Nerven. In den Städten
sind es die Autoposer mit aufgemotzten Schlitten, auf dem Land eher
die Motorradfahrer auf ihren beliebten Strecken.
In Nideggen in der Eifel etwa lassen viele Menschen nachts trotz der
heißen Temperaturen die Fenster zu. Auch Nideggens Bürgermeister
Marco Schmunkamp (parteilos) kann die Motorradfahrer bis tief in die
Nacht hören, obwohl er ein Stück von ihren Lieblingsstrecken entfernt
wohnt, wie er erzählt. Bürger beschweren sich regelmäßig bei ihm
über
den Lärm am Tag und in der Nacht. Schmunkamp ist nicht nur
Bürgermeister, sondern auch Vorsitzender der Initiative «Silent
Riders»: Er will den Fahrern mit überlauten Maschinen das Handwerk
legen.
Die Initiative fordert den Einsatz von Lärm-Blitzern. Die Geräte
messen im Gegensatz zu Radarfallen nicht das Tempo, sondern den
Lärmpegel von Autos und Motorrädern. Mit einer Kamera und einem
Kennzeichenlesegerät könnten überlaute Fahrer identifiziert werden.
Das Ziel sind Strafzettel mit Dezibel statt Stundenkilometern. Solche
Lärm-Blitzer werden aktuell in Frankreich und der Schweiz getestet.
Auch in Nordrhein-Westfalen werden die Rufe danach lauter. «Die
Motorradfahrer sagen, ihr nehmt uns unsere Freiheit», sagt
Schmunkamp. «Aber die Freiheit endet doch da, wo ich jemanden anderen
einschränke. Wenn da einer zum Beispiel meint, er muss besonders laut
im zweiten Gang durch den Ort fahren.»
Nicht nur in der Eifel, auch im westfälischen Hamm werden
Lärm-Blitzer gefordert. Die dortige CDU rief die Stadt dazu auf, sich
für ein Pilotprojekt beim Land zu bewerben. In Dortmund verlangen
CDU und Grüne gemeinsam, den Einsatz von Lärm-Blitzern zu prüfen.
Verkehrsgeräusche kommen plötzlich - das macht sie zur unangenehmsten
Lärmquelle, sagt Akustik-Expertin Brigitte Schulte-Fortkamp. «Man
weiß nie genau, wann ein Geräusch auftauchen wird, wie laut es sein
wird und wie lange es dauern wird», so die Lärmforscherin. An solche
Verkehrsgeräusche könne man sich nie ganz gewöhnen - auch wenn man es
sich einrede. «Das ist ein Trugschluss, und zwar ein gefährlicher»,
erklärt Schulte-Fortkamp. Anhaltender Verkehrslärm sei vor allem
nachts nervenzehrend - und könne auf Dauer krank machen: Neben Stress
und Ängsten drohen im schlimmsten Fall Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Aktuell ist die Polizei für die Verkehrslärm-Prüfung zuständig, oft
mit eigenen Messgeräten. Die maximal erlaubte Dezibelzahl eines
Fahrzeugs steht im Fahrzeugschein. Lärm-Blitzer bräuchten keine
Polizisten an ihrer Seite. In Deutschland werden die Geräte aktuell
allerdings weder genutzt noch getestet. Ist die Technik zu
kompliziert? Nein, sagt ein Sprecher des Bundesverbandes für
Verkehrssicherheit in Berlin. Die Entwicklung und die Produktion von
Lärmblitzern sei «überhaupt kein Hexenwerk». Allerdings gebe es hoh
e
rechtliche Hürden für den Einsatz der Geräte.
Es fehle vor allem die Technik, um den Lärmpegel rechtssicher
einzelnen Autos oder Motorrädern zuzuweisen, sagt ein Sprecher des
NRW-Innenministeriums in Düsseldorf. Denn dafür dürften keine
Zweitgeräusche in die Messung einfließen - etwa von entgegenkommenden
Fahrzeugen.
Für das Ministerium bleiben Lärm-Blitzer deswegen erst einmal nur ein
grundsätzlich «interessantes Projekt». Eine Ahndung wie bei
Tempoverstößen sei aktuell ohnehin nicht möglich, weil der
Bußgeldkatalog keine entsprechende Dezibel-Staffelung vorsehe.
Bürgermeister Schmunkamp und «Silent Riders» fordern deshalb die
Einführung von Lärmobergrenzen in Ortschaften. So könnten zum
Beispiel die Fahrer schneller enttarnt werden, die ihre
Auspuffanlagen manipuliert haben. «Aber davon sind wir in Deutschland
noch meilenweit weg», sagt Schmunkamp.
Auf den Straßen in Nordrhein-Westfalen gibt es stattdessen seit
einigen Jahren einen milden Einsatz der Lärmkontrollgeräte:
sogenannte Lärmdisplays. Zwei dieser Displays sind bei Wermelskirchen
installiert. Die leuchtenden Bildschirme sollen mit den Worten
«Pssst... RÜCKSICHT!» zum leisen Fahren animieren, wenn ein besonde
rs
lauter Zeitgenosse angerauscht kommt.
Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK
Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.