Länder dringen auf mehr Corona-Eingriffsmöglichkeiten im Herbst

Um eine erwartete nächste Corona-Welle eindämmen zu können, brauchen

die Länder eine Rechtsgrundlage vom Bund - die ist für Frühjahr und
Sommer schmaler geworden. Welche Instrumente sind bald nötig?

Berlin (dpa) - In den Corona-Vorbereitungen für den Herbst kommen aus
den Ländern nachdrückliche Rufe nach mehr Eingriffsmöglichkeiten bei

kritischer Pandmie-Lage. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan
Weil verlangte baldige Klarheit aus Berlin über den Rechtsrahmen für
die Länder. «Der Bund hat die Länder entwaffnet. Wir benötigen bis

Mitte September eine Entscheidung», sagte der SPD-Politiker der
Deutschen Presse-Agentur. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach
(SPD) unterstützte die Stoßrichtung. «Die Bundesländer müssen bei
den
Schutzmaßnahmen entfesselt werden», schrieb er am Montag bei Twitter.

Weil sagte: «Ich hätte mir gewünscht, dass man nicht wieder in einen

großen Zeitdruck hineinläuft.» Für den Winter, dessen Verlauf man
noch nicht kenne, müssten unterschiedliche Instrumente parat stehen.
«Dass dann schärfere Instrumente nicht genutzt würden, wenn es nicht

notwendig ist, halte ich für selbstverständlich. Aber dass man sie
nicht zur Verfügung hat, wenn sie notwendig werden, das sollten wir
uns nicht antun.» Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD)
forderte eine Rechtsbasis mit weitreichenden Handlungsspielräumen.
«Da reichen mir Möglichkeiten nur auf der Ebene der Landkreise nicht
aus, das ist in einem Flächenland nicht praktikabel», sagte er der
dpa. «Die Menschen wollen klare und einheitliche Regelungen.»

Die Corona-Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz laufen am 23.
September aus. Sie sind die Rechtsgrundlage für Schutzmaßnahmen in
den Ländern und definieren mögliche Instrumente. Zum Frühjahr waren
sie von der Ampel-Koalition vor allem auf Drängen der FDP stark
zurückgefahren worden. Allgemeine Maskenpflichten für Veranstaltungen
oder beim Einkaufen fielen damit Anfang April weg. Zuletzt stieg die
Zahl der Corona-Infektionen wieder. Für die kältere Jahreszeit wird
nach der Sommerwelle ein weiterer Anstieg erwartet.

Lauterbach erklärte bei Twitter: «Corona bleibt eine große Gefahr f
ür
die Gesundheit der Bürger und die kritische Infrastruktur.» Mit
Gasmangel könne dies eine schwierige Lage ergeben, machte er mit
Blick auf den Herbst und Winter deutlich. Lauterbach verhandelt in
der Regierung mit Justizminister Marco Buschmann über das Konzept für
den Herbst. Der FDP-Politiker hatte signalisiert, dass «eine Form der
Maskenpflicht in Innenräumen» dabei sicher eine Rolle spielen werde.
Bundesweit gilt noch Maskenpflicht in Fernzügen und Flugzeugen. Die
Länder regeln dies für den Nahverkehr sowie etwa Praxen und Kliniken.

Woidke sagte, welche Maßnahmen im Herbst notwendig werden, hänge
davon ab, mit welcher Virusvariante man es zu tun haben werde.
Derzeit gebe es zwar viele Infektionen, aber weniger gravierende
Verläufe. Das könne sich mit einer anderen Variante ändern. «Wir
brauchen die richtigen Instrumente, um dann einzugreifen, wenn wir
Gefahr laufen, dass unser Gesundheitssystem überlastet wird». Die
brandenburgische Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne)
sagte den «Potsdamer Neuesten Nachrichten»: «Wir bräuchten unter
anderem eine Maskenpflicht im Einzelhandel, Hygienekonzepte und
Abstandsregeln.»

Beim Zeitplan hatte sich Buschmann zuversichtlich geäußert, dass sich
die Koalition noch im Juli auf ein Konzept verständigen kann. Der
Bundestag kommt nach der Sommerpause in der Woche vom 5. September
wieder zusammen - laut einer vorläufigen Planung der Tagesordnung
könnten die Neuregelungen am 8. September beschlossen werden.

Weil bekräftigte Kritik daran, dass Corona-Bürgertests nicht mehr für

alle kostenlos sind. «Man kann nicht auf der einen Seite vor einer
schwierigen Situation im Herbst warnen und andererseits Instrumente
zur Früherkennung herunterfahren. Das passt nicht zusammen.» Tests
seien nicht das Allheilmittel, es habe sich aber etabliert, dass
Menschen, wenn sie sich nicht wohlfühlten, einen Schnelltest machen.
«Ob diese Menschen jetzt loslaufen und für drei Euro einen Bürgertest

machen, da mache ich ein Fragezeichen», sagte Weil.