Streit um kleine Kliniken auf dem Land - SPD fordert Plan von Lucha

Muss jede Region noch ein kleines Krankenhaus haben? Vor allem die
Krankenkassen machen Druck, weil kleine Kliniken zu teuer und bei
schwierigen Eingriffen sowieso nicht optimal seien. Die SPD will das
nicht hinnehmen und fordert einen klaren Plan vom Minister.

Stuttgart (dpa/lsw) - Die SPD schlägt wegen der drohenden Schließung

kleinerer Kliniken in Baden-Württemberg Alarm und fordert das Land
zum Eingreifen auf. «Baden-Württemberg braucht eine flächendeckende
Versorgung mit Krankenhäusern», heißt es in einem Papier, das der
SPD-Landesvorstand am Samstag beschloss und der Deutschen
Presse-Agentur vorliegt. Die Oppositionspartei fordert die
grün-schwarze Koalition auf, ihre «Krankenhausschließungspolitik»
auszusetzen und einen Plan vorzulegen, wo es künftig noch welche
Strukturen geben solle.

Auch in ländlichen Regionen müssten immer mindestens die Bereiche
Innere Medizin, Chirurgie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie
eine Basisnotfallversorgung rund um die Uhr zur Verfügung stehen,
heißt es in dem Papier. «Die entsprechenden Häuser sollen für die
allermeisten Bürgerinnen und Bürger leicht erreichbar sein. Dabei ist
eine maximale Pkw-Fahrzeit von 30 Minuten zu berücksichtigen.»

Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) wies die Forderungen zurück
und holte zum Gegenangriff auf die SPD aus. Die Genossen hätten
«jahrelang im Bund eine mutlose Gesundheitspolitik mitverantwortet,
die sich nicht getraut hat, überfällige Strukturreformen bei der
medizinischen Versorgung und deren Finanzierung anzupacken». Die
Partei solle sich im Bund lieber um eine solide Finanzierung der
Krankenkassen kümmern, statt noch mehr Geld in teure und unnötige
Strukturen stecken zu wollen. Alle, die sich ein wenig auskannten,
wüssten, «dass das System nur überlebensfähig ist, wenn Standorte
konzentriert und Kompetenzen gebündelt werden, ohne dass die
medizinische Grundversorgung vor Ort leidet», sagte Lucha.

Die SPD sieht das anders: «Die wirtschaftliche Situation von kleinen
Krankenhäusern darf nicht mehr - gegen den Willen der Landkreise -
der Anlass für Schließungen sein», heißt es in dem Papier. Indem
Grün-Schwarz den kleineren und wirtschaftlich ohnehin angeschlagenen
Kliniken nicht mehr genügend Geld für Investitionen zur Verfügung
stelle, trockne sie diese wirtschaftlich aus. Florian Wahl,
zuständiger SPD-Gesundheitsexperte, schreibt: «Behandlungsplätze und

Bettenzahlen müssen nach dem Bedarf und nicht am Kriterium der
Gewinnmaximierung beziehungsweise der Defizitvermeidung ausgerichtet
werden.»

Lucha entgegnete, für die wohnortnahe medizinische Versorgung gebe es
bessere Möglichkeiten als eine Vielzahl kleiner Krankenhäuser, zum
Beispiel medizinische Versorgungszentren, in denen Ärzte und andere
Therapeuten Hand in Hand arbeiteten. «Komplizierte Behandlungen
erfolgen in größeren Kliniken, dort gehören sie zur Routine, dort ist

die Erfahrung ungleich größer damit», sagte Luchas Sprecherin.

Die SPD fordert, das Land müsse seine Mittel für
Krankenhausinvestitionen von etwa 450 Millionen Euro für 2021 auf 750
Millionen Euro erhöhen. «Dabei geht es nicht nur um die Steigerung
der Baukosten, sondern auch um die Berücksichtigung der Kosten für
moderne Krankenhausstrukturen», schreibt Wahl. Darüber hinaus
verlangt er einen «Notfallfonds zur Erhaltung regional notwendiger
Krankenhäuser». Dieser Fonds müsse mit jährlich 100 Millionen Euro

gefüllt werden, um wichtige Kliniken in wirtschaftlichen Notlagen für
einen begrenzten Zeitraum von maximal fünf Jahren zu unterstützen.

Die CDU wies die Forderungen der SPD ebenfalls zurück. «Der Vorschl
ag
der SPD wird dem qualitativen Anspruch einer stationären Versorgung
in unseren Kliniken nicht gerecht. Wir setzen in der grün-schwarzen
Landesregierung auf regionale Strukturgespräche, die die
Gegebenheiten vor Ort berücksichtigen sollen», sagte der zuständige
Fraktionssprecher Michael Preusch. Auch er forderte die
Südwest-SPD auf, lieber bei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach
(SPD) auf mehr Geld für die Kliniken zu pochen.