Bildungsministerin: Schulschließungen waren ein Fehler

Die Corona-Zahlen steigen wieder und mit Blick auf den Herbst kommen
bei manchem alte Befürchtungen hoch. Gerade an Schulen gestaltet sich
die Eindämmung der Pandemie schwierig. Eines darf nach Ansicht von
Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger aber nicht mehr passieren.

Berlin (dpa) - Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat
vor erneuten breiten Schulschließungen zur Eindämmung des Coronavirus
gewarnt. «Im Ergebnis waren die flächendeckenden Schulschließungen
ein Fehler, den wir nicht wiederholen dürfen», sagte die
FDP-Politikerin im Rückblick auf die vergangenen zwei Pandemie-Jahre
im Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Es darf keine
flächendeckenden Schulschließungen mehr geben.»

Stark-Watzinger verwies auf «gravierende Nebenwirkungen» wie
Gewichtszunahme, psychische Auffälligkeiten und Vereinsamung sowie
auf deutliche Lernrückstände bei Kindern und Jugendlichen. «Es gibt
Studien, die zeigen, dass es etwa im Bereich der Lesekompetenz von
Viertklässlern bis zu sechs Monate Rückstand gibt.» Zudem gehe es um

Bildungsgerechtigkeit. So seien junge Menschen, die zu Hause
Unterstützung bekämen und gut selbstorganisiert lernen könnten,
besser durch die Pandemie gekommen als diejenigen ohne diese
Voraussetzungen.

Im Frühjahr 2020 sowie im folgenden Winter und Frühjahr 2021 hatten
die Bundesländer zur Eindämmung der Pandemie ihre Schulen monatelang
geschlossen oder nur eingeschränkt im Betrieb. Im vergangenen Winter
verhinderte dann eine auf starkes Betreiben der FDP beschlossene
Änderung des Infektionsschutzgesetzes die Möglichkeit, Schulen erneut
flächendeckend zu schließen. In den Klassen kam es aber über Wochen
hinweg zu zahlreichen Ausfällen von Lehrkräften und Schülern wegen
vieler Corona-Infektionen und aufgrund der Quarantänevorschriften.

Um die entstandenen Bildungsrückstände abzubauen und die sozialen und
psychischen Probleme in Folge der Pandemie abzufedern, legte der Bund
ein Corona-«Aufholprogramm» über zwei Milliarden Euro auf für
Lernförderprogramme und die Aufstockung sozialer Projekte für Kinder,
Jugendliche und Familien. Die Kultusminister der Länder forderten
zuletzt, dieses Programm zu verlängern und um weitere 500 Millionen
Euro aufzustocken.

Stark-Watzinger sagte dazu: «Der Bund hat den Ländern zwei Milliarden
Euro zur Verfügung gestellt, die noch gar nicht komplett ausgegeben
sind. Insofern sollte dieses Geld zunächst eingesetzt werden.» Als
Möglichkeit hierfür nannte sie die Aufarbeitung der Corona-Folgen
aber auch einen langfristigen Prozess. «Und da bin ich mir einig mit
der Kultusministerkonferenz. Wir müssen allerdings über den richtigen
Weg beraten.» Die Ministerin sprach sich dafür aus, Schülerinnen und

Schüler «sehr gezielt» zu unterstützen und warb für das sogenannt
e
Startchancen-Programm, das die Ampelkoalition plant.

Mit diesem Programm sollen bundesweit 4000 Schulen «in besonders
schwierigem Umfeld» unterstützt werden mit mehr Geld, zusätzlichen
Sozialarbeitern und besserer Infrastruktur. Welche Schulen das sein
werden, nach welchen Kriterien sie ausgewählt werden und um wie viel
Geld es sich handeln wird, darüber sei man im intensiven Austausch
mit den Bundesländern, sagte Stark-Watzinger. Sie kündigte ein
Konzept bis zum Herbst an. Dann kenne man auch die Größenordnungen.
«Wir werden jetzt also in die konkrete Planung gehen und die Länder
dabei einbinden.»