Experte: Geplantes Corona-Sachverständigengutachten hilft nur bedingt

Auf die Corona-Sommerwelle könnte die Herbstwelle folgen. Ein
Mitglied des Expertenrats der Regierung fordert deshalb eine zügige
Vorbereitung. Das Abwarten eines Sachverständigen-Gutachtens zu den
bisherigen Maßnahmen hält er dabei für nicht allzu sinnvoll.

Greifswald (dpa) - Der Bioinformatiker Lars Kaderali vom
Corona-Expertenrat der Bundesregierung hält die Bewertung der
Schutzmaßnahmen durch einen eigens eingerichteten
Sachverständigenausschuss für «nur eingeschränkt hilfreich». Das

koste viel Zeit und bringe wahrscheinlich nicht viel, denn das
Gremium schaue für seine Schlüsse in die Vergangenheit, sagte er der
Deutschen Presse-Agentur. Da habe man es aber mit einem anderen Virus
und mit weniger Impfungen in der Bevölkerung zu tun gehabt. «Damit
ist das, was man lernen kann aus diesen Daten, auch sehr
eingeschränkt.»

Der Sachverständigenrat soll sein Gutachten bis Ende Juni vorlegen.
Vor allem der Koalitionspartner FDP hatte darauf gedrungen, vor
Anpassungen des Infektionsschussgesetzes dieses Gutachten abzuwarten.
Danach soll nach Willen der FDP im Sommer zunächst beraten und erst
nach Ende der Bundestagspause Anfang September die am 23. September
auslaufenden Corona-Regelungen gegebenenfalls geändert werden.
Politiker von SPD und Grünen dringen dagegen auf mehr Tempo.

Auch Kaderali fordert von der Bundesregierung eine zügigere
Vorbereitung auf den Herbst und eine dann erwartete neue
Infektionswelle. Bei der Überarbeitung des Infektionsschutzgesetzes
wünsche er sich «ein bisschen mehr Tempo». Man werde «sehr knapp
wieder im September anfangen, am Infektionsschutzgesetz
herumzubasteln, wenn vielleicht schon die nächste Welle losläuft».

Aufgabe der Politik sei es nun, sich auf verschiedene mögliche
Szenarien vorzubereiten und einen entsprechenden Werkzeugkasten
bereitzuhalten, so dass, wenn nötig, schnell reagiert werden könne.
Das ungünstigste Szenario einer neuen Virusvariante, die den
Impfschutz umgeht und stark krank macht, hält der Experte für eher
unwahrscheinlich.

Der Wissenschaftler warnte vor einem hohen Krankenstand und
Belastungen für die sogenannte kritische Infrastruktur. Dazu zählen
etwa Polizei, Feuerwehr, Kliniken und Wasserwerke sowie
Energieversorger. Für weniger wahrscheinlich halte er, dass die
Intensivstationen erneut an ihre Belastungsgrenzen stoßen. «Auch das
ist nicht auszuschließen, aber die Wahrscheinlichkeit ist geringer.»