WHO: Affenpocken keine internationale Notlage

Derzeit ruft die UN-Gesundheitsorganisation noch nicht die höchste
Alarmstufe aus. Doch das könnte sich noch ändern. Die
Ansteckungsdynamik und das Virus werden genau beobachtet.

Genf (dpa) - Der Ausbruch von Affenpocken in mehr als 50 Ländern wird
von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorerst nicht als «Notlage
von internationaler Tragweite» bewertet. Das gab die UN-Organisation
in Genf am Samstagabend nach Beratungen eines Notfallausschusses
bekannt, der aus Sorge über die Infektionen einberufen worden war.
Der Ausschuss will die Lage jedoch rasch neu bewerten, falls die Zahl
der Ansteckungen oder der betroffenen Länder stark ansteigt, falls
gehäuft Fälle unter vulnerablen Gruppen auftreten, oder falls sich
das Virus verändert.

«Ich bin tief besorgt über die Ausbreitung der Affenpocken, die nun
in mehr als 50 Ländern nachgewiesen wurden», sagte WHO-Chef Tedros
Adhanom Ghebreyesus. Seit Anfang Mai habe es 3000 Fälle gegeben. Um
den Ausbruch einzudämmen, müssten Maßnahmen wie Überwachung,
Risiko-Kommunikation, Kontaktverfolgung, Isolation, Behandlung und
Impfungen verstärkt werden, sagte er.

Die WHO folgte der Empfehlung des Notfallausschusses Affenpocken, der
zwar den «Notfall-Charakter der Situation» feststellte, aber dennoch
die Kriterien für eine internationale Gesundheitsnotlage - auf
Englisch «public health emergency of international concern» (PHEIC) -
nicht erfüllt sah. Die unabhängigen Fachleute aus aller Welt wiesen
darauf hin, dass Fallzahlen in manchen Ländern ein Plateau erreicht
hätten oder möglicherweise fielen. Um das Risiko für die öffentlich
e
Gesundheit bewerten zu können, müssten außerdem offene Fragen über

das Virus, die Infektionswege und die Bandbreite der Symptome geklärt
werden, hieß es.

In vergangenen Jahren sind Affenpocken immer wieder in einigen
afrikanischen Ländern aufgetreten. Seit Mai häufen sich Infektionen
in anderen, vor allem europäischen Ländern, die nicht mit
Afrika-Reisen in Zusammenhang stehen. Zumeist sind Männer betroffen,
die gleichgeschlechtlichen Sex haben und wegen ihres jungen Alters
nicht mehr gegen Pocken geimpft wurden. Diese Impfung schützt auch
gegen Affenpocken. Der Notfallausschuss warnte davor, betroffene
Gruppen zu diskriminieren, weil das die Bekämpfung der Affenpocken
nur erschweren würde.

Laut WHO mussten nur wenige Patienten im Krankenhaus behandelt
werden. Bislang wurde ein Toter gemeldet, dessen Immunsystem zum
Zeitpunkt der Erkrankung schon geschwächt war.