Corona-Experte Kaderali warnt vor hohem Krankenstand im Herbst

Auf die Corona-Sommerwelle könnte die Herbstwelle folgen. Die wird
nach Einschätzung des Bioinformatikers Lars Kaderali
Intensivstationen nicht ans Limit bringen. Probleme drohten anderswo.

Greifswald (dpa/mv) - Mit Blick auf das Coronavirus und den Herbst
warnt der Bioinformatiker Lars Kaderali vor hohem Krankenstand und
Belastungen für die sogenannte kritische Infrastruktur. «Was ich mir
aber schon vorstellen kann ist, dass wir noch mal eine starke Welle
kriegen», sagte das Mitglied des Corona-Expertenrates der
Bundesregierung der Deutschen Presse-Agentur.

Zur kritischen Infrastruktur zählen etwa Polizei, Feuerwehr,
Kliniken, oder Wasserwerke und Energieversorger. Für weniger
wahrscheinlich halte er, dass die Intensivstationen erneut an ihre
Belastungsgrenzen stoßen. «Auch das ist nicht auszuschließen, aber
die Wahrscheinlichkeit ist geringer.»

Von der Bundesregierung fordert der Wissenschaftler eine zügigere
Vorbereitung auf den Herbst. Bei der Überarbeitung des
Infektionsschutzgesetzes wünsche er sich «ein bisschen mehr Tempo».
Die Sommerpause stehe bevor. Danach werde man «sehr knapp wieder im
September anfangen, am Infektionsschutzgesetz rumzubasteln, wenn
vielleicht schon die nächste Welle losläuft». Die aktuellen
Corona-Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz laufen am 23. September
aus.

Der Bewertung der Corona-Beschränkungen durch einen eigens
eingerichteten Sachverständigenausschuss hält Kaderali für «nur
eingeschränkt hilfreich». Das koste viel Zeit und bringe
wahrscheinlich nicht viel. Das Gremium schaue für seine Schlüsse in
die Vergangenheit. Da habe man es aber mit einem anderen Virus und
mit weniger Impfungen in der Bevölkerung zu tun gehabt. «Damit ist
das, was man lernen kann aus diesen Daten, auch sehr eingeschränkt.»

Aufgabe der Politik sei nun, sich auf verschiedene mögliche Szenarien
vorzubereiten und einen entsprechenden Werkzeugkasten bereitzuhalten,
sodass, wenn nötig, schnell reagiert werden kann. Das ungünstigste
Szenario einer neuen Virusvariante, die den Impfschutz umgeht und
stark krank macht, hält der Experte für eher unwahrscheinlich.

Zum Thema vierte Impfung sagte Kaderali: «Risikogruppen würde ich es
auf jeden Fall empfehlen.» Wer bisher nur zweimal geimpft ist, solle
sich jetzt die dritte holen auch wegen der laufenden Sommerwelle. Ob
alle eine vierte Impfung brauchen und wann der richtige Zeitpunkt
dafür ist, sei eine schwierige Frage. Dabei spiele auch das
Vorhandensein eines angepassten Impfstoffes für die dann zu
erwartende Variante eine Rolle.