Werbeverbot für Abtreibung ist aufgehoben

Der seit so vielen Jahren umstrittene Paragraf 219a zum Werbeverbot
für Abtreibung ist nun Geschichte. Die Ampel jubelt, auch die Linke
begrüßt den Schritt - die übrige Opposition reagiert empört.

Berlin (dpa) - Das umstrittene Werbeverbot für
Schwangerschaftsabbrüche ist Geschichte. Im Bundestag stimmte am
Freitag eine große Mehrheit für die Streichung des entsprechenden
Paragrafen 219a aus dem Strafgesetzbuch. Die Fraktionen von Union und
AfD stimmten dagegen, Enthaltungen gab es nicht.

Justizminister Marco Buschmann (FDP) rügte die nun abgeschaffte
Regelung als «absurd» und «aus der Zeit gefallen». Paragraf 219a
hatte bislang geregelt, dass für Schwangerschaftsabbrüche nicht
geworben werden darf - führte aber in der Vergangenheit immer wieder
dazu, dass Ärztinnen und Ärzte nicht ausführlich über
Schwangerschaftsabbrüche informieren konnten, ohne Strafverfolgung zu
riskieren. Das soll sich nun ändern. Den Medizinern wird im
beschlossenen Regierungsentwurf ein Informationsrecht zugestanden.

In eine ganz andere Richtung wies dagegen ein Urteil des Obersten
Gerichtshofs der USA, der am Freitag das liberale Abtreibungsrecht
des Landes kippte. Der mehrheitlich konservativ besetzte Supreme
Court in Washington machte damit den Weg für strengere
Abtreibungsgesetze frei - bis hin zu kompletten Verboten in einzelnen
US-Staaten.

In Deutschland sieht der Bundestagsbeschluss nun auch vor, dass
Urteile gegen Ärztinnen und Ärzte, die seit 3. Oktober 1990 auf Basis
des Paragrafen ergangen sind, aufgehoben werden. Das betrifft etwa
die Gießener Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel, die 2017 auf der
Grundlage von 219a verurteilt worden war und seit Jahren für die
Abschaffung des Paragrafen kämpft. Sie saß zusammen mit anderen
Ärztinnen und Ärzten am Freitag im Bundestag auf der Besuchertribüne.


«Heute ist ein großartiger Tag,» sagte Bundesfamilienministerin Lisa

Paus. «Gesundheit und Selbstbestimmung von Frauen - das sind
Menschenrechte.» Paus betonte, dass auch generell über die
Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen gesprochen werden müsse.

Die Linke begrüßt die Abschaffung des Paragrafen - allerdings geht
ihr dieser Schritt nicht weit genug. Sie fordert auch die Aufhebung
von Paragraf 218 im Strafgesetzbuch - was bedeuten würde,
Schwangerschaftsabbrüche an sich straffrei zu machen.

Union und AfD äußerten sich empört über die Abschaffung des
Gesetzesparagrafen. Abgeordnete beider Fraktionen betonten immer
wieder, dass sich Frauen auch jetzt schon ausführlich über
Schwangerschaftsabbrüche informieren könnten und dass die Rechte des
ungeborenen Lebens nicht zu kurz kommen dürften.

Damit künftig «anstößige» und unangemessene Werbung für
Schwangerschaftsabbrüche verboten bleibt, sieht der abgesegnete
Regierungsentwurf vor, das sogenannte Heilmittelwerbegesetz zu
erweitern. So würden auch Schwangerschaftsabbrüche ohne
Krankheitsbezug neu von dem Gesetz erfasst, das bislang in anderen
Bereichen irreführende Werbung von Medizinprodukten regelt.

Das Gesetz muss formal noch den Bundesrat passieren, er kann aber
ohne die Zustimmung der Länderkammer in Kraft treten.