EU-Firmen fordern von China Ende harter Corona-Maßnahmen

Ausgangssperren und andere Einschränkungen belasten die chinesische
Wirtschaft. Das ist auch ein gewaltiges Problem für europäische
Unternehmen vor Ort.

Peking (dpa) - Vor dem Hintergrund der strengen Corona-Regeln in
China haben EU-Firmen die Regierung in Peking zu einem Kurswechsel
aufgerufen. Ausgangssperren, erhebliche Beschränkungen bei der
Einreise und andere strenge Maßnahmen belasten aus Sicht der
EU-Handelskammer in Peking das Geschäft schwer. China müsse den
Unternehmen die Angst nehmen und «mit einem klaren Plan Vertrauen
zurückgewinnen», sagte Kammer-Vizepräsidentin Bettina Schön-Behanzi
n
bei der am Montag vorgelegten Stimmungsumfrage unter
Mitgliedsfirmen. 

Mit Massentests und Lockdowns könne die Lage nicht unter Kontrolle
gebracht werden. «China muss seine Grenzen öffnen. Es verfügt über

alle Mittel für ein großartiges Comeback», so Schön-Behanzin. 

Die chinesische Wirtschaft war wegen der strikten Maßnahmen
zur Eindämmung des Coronavirus in der ersten Jahreshälfte unter
Druck geraten. Mehrere Millionen Menschen waren von Ausgangssperren
betroffen. Die Wirtschaftsmetropole Shanghai befand sich seit Anfang
April für zwei Monate in einem Komplett-Lockdown. Zwar hat sich die
Lage leicht gebessert, jedoch herrscht weiter große Unsicherheit. 

Wie bereits im Vorjahr nannten EU-Firmen in der Umfrage zum
Geschäftsklima die Corona-Maßnahmen als das mit Abstand gravierendste
Problem, mit dem sie in China konfrontiert seien. Eine ergänzende
Umfrage, die erst nach dem großen Lockdown von Shanghai und dem
Ausbruch des Ukraine-Krieges von der Kammer durchgeführt wurde,
zeigte eine nochmals deutlich verschlechterte Stimmung. 

Beide Ereignisse hatten demnach «erhebliche destabilisierende
Auswirkungen auf die China-Aktivitäten europäischer Unternehmen».
Drei Viertel der Mitglieder berichteten, dass die strengeren
Eindämmungsmaßnahmen ihren Betrieb negativ beeinflusst hätten. 92
Prozent klagten über Lieferketten-Probleme, die etwa durch
Hafenschließungen und steigende Frachtkosten verursacht wurden. 23
Prozent der Befragten gaben an, darüber nachzudenken, neue
Investitionen auf Eis zu legen. 

Eine große Herausforderung ist es nach Aussage von Schön-Behanzin
zudem, neues Personal aus Europa zu gewinnen. «Es ist schwierig,
jemanden zu finden, der noch nach China reisen will.» Lockdowns,
lange Quarantänezeiten, sowie immer weniger verfügbare Flüge hätten

einen wahren «Exodus» ausgelöst. 

Um die Lage in China zu entspannen, empfahl die Kammer der Regierung,
auf wirksamere mRNA-Impfstoffe zu setzen. Die Volksrepublik solle
sich eher am Singapurer-Modell orientieren, sagte Schön-Behanzin.
Auch der südostasiatische Stadtstaat hatte nach Beginn der
Corona-Pandemie vor über zwei Jahren zunächst sehr strenge Maßnahmen

verhängt. Nachdem eine hohe Impfquote erreicht war, kehrte Singapur
jedoch immer weiter zur Normalität zurück. 

Neben den Corona-Maßnahmen hatten die Unternehmen nach Darstellung
der Kammer erneut mit zahlreichen weiteren Schwierigkeiten bei ihren
Aktivitäten in China zu kämpfen. So gaben 43 Prozent der Firmen an,
weiterhin unter Marktzugangsbeschränkungen oder regulatorischen
Barrieren zu leiden. Mehr als jedes dritte Unternehmen gab an, im
Vergleich zu in China heimischen Unternehmen schlechter behandelt
worden zu sein. 14 Prozent der Unternehmen waren den Angaben zufolge
gezwungen, Technologie an China zu übertragen.