WHO-Chef warnt bei G20-Treffen: «Blind für die Entwicklung des Virus»

Die Gesundheitsminister der G20 beraten in Indonesien über Lehren aus
der Pandemie und Ansätze für sicheres Reisen. WHO-Chef Tedros warnt
aber gleich zum Auftakt vor Nachlässigkeit angesichts sinkender
Infektionszahlen - und vor einer Wiederholung der Geschichte.

Yogyakarta (dpa) - Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat
angesichts der Bedrohung durch neue Corona-Varianten eindringlich
davor gewarnt, im Kampf gegen das Virus nachzulassen. «Die
Wahrnehmung, dass die Pandemie vorbei ist, ist fehl am Platz», sagte
WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Montag bei einem Treffen der
Gesundheitsminister der G20-Staaten in der indonesischen Stadt
Yogyakarta. Die Zahl der Neuinfektionen und der Todesfälle ist in den
meisten Ländern mittlerweile stark zurückgegangen, was zur Aufhebung
zahlreicher Einschränkungen geführt hat.

Seine Behörde sei nach wie vor sehr besorgt, dass «ein Mangel an
Corona-Tests und Sequenzierung uns für die Entwicklung des Virus
blind macht», erklärte der Äthiopier. Auch befürchte die WHO, dass

die Lektionen aus der Pandemie wieder verlernt würden und sich der
«Kreislauf aus Panik und Nachlässigkeit» wiederhole.

Die G20-Gesundheitsminister wollen bei dem zweitägigen Treffen unter
anderem darüber beraten, wie die globalen Gesundheitssysteme gestärkt
werden können. Auch geht es um eine mögliche Standardisierung
internationaler Reisedokumente, darunter vor allem Impfzertifikate.
Das G20-Vorsitzland Indonesien strebt im Zuge der Wiedereröffnung der
Grenzen eine weltweite Harmonisierung der
Corona-Gesundheitsprotokolle für sicheres Reisen an.

«Globale Zusammenarbeit ist entscheidend, um die Pandemie zu
überwinden und sicherzustellen, dass wir auf die nächste vorbereitet
sind», sagte die Sprecherin des indonesischen
Gesundheitsministeriums, Nadia Tarmizi, vor Beginn der Gespräche. Das
Treffen sei ein wichtiger Moment für die G20, um die Kapazitäten der
nationalen, regionalen und globalen Gesundheitssysteme zu stärken.

Am Dienstag wollen die Gesundheitsminister mit den
G20-Finanzministern zusammenkommen, um über einen geplanten
Finanzvermittlungsfonds (FIF, Financial Intermediary Fund) zu
beraten. Dieser soll helfen, das weltweite System zur Vorbereitung
und Reaktion auf künftige Pandemien zu stärken. Ende Oktober werden
sich die G20-Gesundheitsminister zu weiteren Gesprächen auf Bali
treffen - kurz vor Beginn des G20-Gipfeltreffens der Staats- und
Regierungschefs, das am 15. und 16. November auf der beliebten
Urlaubsinsel stattfindet.